"Zeig mir wie Du wohnst, und ich sage Dir, wer Du bist" – unter diesem Motto nimmt der Germanist Bodo Plachta schon seit einigen Jahren die Häuser berühmter Figuren der Kulturgeschichte unter die Lupe. Den Dichtern und bildenden Künstlern hat er schon eigene Bildbände gewidmet. Den dritten Band widmet er Komponistenhäusern. In Begleitung des Fotografen Achim Bednorz stattet Plachta den ehemaligen Wohnstätten berühmter Komponisten aus fünf Jahrhunderten einen Besuch ab.
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Dass ein Buch über Komponistenhäuser kein leichtes Unterfangen ist, das zeigt schon ein Blick auf die, sagen wir, lebhafte Umzugsbiographie Ludwig van Beethovens. Über 70 Wohnungswechsel schlagen bei ihm zu Buche. Allein in Wien. Nun mag Beethoven ein besonders heikler Mieter gewesen sein – schwierig im Umgang und vor allem lärmtechnisch eine ziemliche Zumutung für seine Nachbarn. Mit seinem unsteten Lebenswandel befindet er sich jedoch in guter Gesellschaft. Zumindest unter Komponistenkollegen. So schreibt Bodo Plachta: "Das eigene Haus, für vermögende Bürger im 19 Jahrhundert eine Selbstverständlichkeit, war für Komponisten oftmals ein schwer erfüllbarer Wunsch, denn Reisen, ständige Ortswechsel mit immer neuen Wohnprovisorien, gehörten zu ihrem Alltag."
Mehr noch als derartige temporären Bleiben interessieren Plachta und seinen Fotografen Achim Bednorz jedoch jene Komponistenhäuser und -Wohnungen, die – wie der Autor schreibt – als "Visitenkarten ihrer Bewohner" mitunter sogar als "architektonische Selbstportraits" herhalten können. Also jene seltenen Fälle, in denen Komponisten über Wohnprovisorien hinauskamen, sich eigene Häuser neu- oder zumindest umbauten.
Sie sind nicht nur Stationen eines Lebenswegs, sondern ihr Außen und Innen sind Abbild von Erfolg und Wertschätzung.
Auf das Landhaus von Maurice Ravel trifft das in jedem Fall zu. Immerhin hatte der Komponist den Umbau des unweit von Paris gelegenen Schlösschens selbst übernommen. Und dabei – als Sohn eines Ingenieurs – seine Aufgeschlossenheit gegenüber modernster Haustechnik unter Beweis gestellt, wie Strom, Zentralheizung, Telefon, Grammophon, Radio und – nicht zu vergessen – einem amerikanischen Kühlschrank. Und das alles in einem Interieur, das auch als Kulisse für einen Fantasyfilm von Tim Burton dienen könnte: Schachbrettmuster auf dem Boden, grellbunte Tapeten, Möbel aus den unterschiedlichsten Epochen und allerhand kurioser Nippes, der Ravel als leidenschaftlichen Antiquitätensammler entlarvt. Ein heimelig-verspieltes Märchenschloss, fangen Bednorz Fotografien da ein. Und vielleicht wirklich so etwas wie ein architektonisches Selbstportrait seines Schöpfers. Immerhin behauptete der von sich: "Ich bin eben so eine Art Ludwig II. von Bayern, nun ja, nicht ganz so übergeschnappt."
Bodo Plachta / Achim Bednorz:
"Komponistenhäuser"
Wohn- und Arbeitsräume berühmter Musiker aus fünf Jahrhunderten
191 Seiten, gebunden
Mit ca. 250 Farbabbildungen
DVA, München
Preis: 50,00 Euro
Sendung: "Allegro" am 09. Januar 2019 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK