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CD - Klavierduo Genova & Dimitrov Werke von Bruch und Czerny

1996 gewann das junge Klavierduo Liuben Dimitrov und Aglika Genova den zweiten Preis beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD, ein erster wurde nicht vergeben. Seither kann das aus Bulgarien stammende, mittlerweile deutsche Künstlerehepaar auf eine steile Karriere zurückblicken, auch auf die Einspielung von mehr als einem Dutzend CDs. Die vorliegende präsentiert Konzerte von Carl Czerny und Max Bruch. Vielleicht nicht die ganz großen Komponistennamen, aber durchaus gut für Entdeckungen.

Der CD-Tipp zum Anhören:

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Max Bruch stammte aus Köln, doch der rheinische Humor gehörte wohl nicht zu seinen ausgeprägten Wesenszügen. Das kölsche "et hätt noch immer jot jejange", sollte es im 19. Jahrhundert schon wegweisend für den Kölner als solchen gewesen sein, war nicht Bruchs Lebensmaxime. Er klagte ausgiebig und viel, sah sich von unerfüllten Erwartungen, Enttäuschungen, Selbstzweifeln und Missgunst verfolgt, oft unberechtigt, doch immer wieder auch berechtigt. Dass Bruchs Erstes Violinkonzert sein gesamtes übriges Schaffen überstrahlte, war echtes Künstlerpech, aber bei allem Ärger wohl verschmerzbar. Dass sein wirklich schönes Konzert für zwei Klaviere und Orchester nach nur wenigen Aufführungen im Jahr 1909 unter ebenso kuriosen wie äußerst misslichen Umständen für Jahrzehnte, bis 1973, in der Versenkung verschwand, gehört gewiss zu den Lebenserfahrungen, über die Bruch zu Recht unglücklich war.

Vorbild Bach

Viel gespielt wird das Konzert bis heute nicht. Auch die Diskographie ist überschaubar, die letzte Aufnahme ist zwanzig Jahre alt. Von daher kommt die ebenso fantastisch musikantische wie strukturell durchdachte Neuaufnahme durch das Klavierduo Genova & Dimitrov genau zur rechten Zeit, um an die Schönheiten dieses Doppelkonzertes zu erinnern. Umso mehr, als die Beiden mit Bruchs Fantasie für zwei Klaviere op. 11 eine echte Entdeckung mitliefern, möglicherweise gar eine Ersteinspielung. Bruch selbst hielt die Fantasie für eines seiner besten Werke, und das zu Recht. Das Vorbild Johann Sebastian Bach, die bewusste Verneigung vor Robert Schumann und eine gute Portion eigener Gestaltungswillen mischen sich in dem zehnminütigen Werk zu einem stimmigen Ganzen, das Genova & Dimitrov höchst überzeugend servieren. Nicht jede Ausgrabung lohnt, diese hier ganz gewiss.

Czerny - besser als sein Ruf

Carl Czernys Konzert für Klavier zu vier Händen und Orchester mag nicht der Höhepunkt der romantischen Konzertliteratur sein. Doch seine künstlerische Substanz ist angesichts von 861 mit einer Opuszahl versehenen Werken und wahrscheinlich ähnlich vielen unveröffentlichten erstaunlich. Mit perlender Virtuosität liefert das Klavierduo Genova & Dimitrov ein überragendes Plädoyer für dieses Werk, das wieder einmal zeigt, um wieviel besser Czerny komponierte, als es sein Ruf als Vielschreiber gemeinhin suggeriert. Und auch wenn in diesem Konzert die Schwierigkeiten, vor die das Genesis Orchestra gestellt wird, überschaubar sind, so begleitet es unter Yordan Kamdzhalov doch genauso umsichtig wie das Bulgarische Nationale Radiosymphonieorchester im Konzert von Bruch. Und schließlich – auch das sei erwähnt – ist die Lektüre des ausführlichen, kenntnisreich wie äußerst unterhaltsam geschriebenen Booklet-Textes von Eckhardt van den Hoogen nicht weniger vergnüglich als die gesamte Veröffentlichung.

Genova & Dimitrov - Bruch & Czerny

Carl Czerny:
Konzert für Klavier zu vier Händen und Orchester op. 153
Max Bruch:
Fantasie für zwei Klaviere op. 11
Konzert für zwei Klaviere und Orchester op. 88a

Klavierduo Genova & Dimitrov
Genesis Orchestra
Bulgarisches Nationales Radiosymphonieorchester
Leitung: Yordan Kamdzhalov

Label: cpo

Sendung: "Leporello" am 7. März 2018, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK