Eigentlich ist ein Jubiläum Grund zum Feiern. Vor dreißig Jahren kam das Georgische Kammerorchester nach Ingolstadt – und blieb. Damals weltberühmt, heute heruntergewirtschaftet. Es fehlt an allem: Geld, Abonennten, Musikern, einer guten Leitung und neuen Ideen. Gibt es einen Ausweg aus der Krise?
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"Hätten wir in Ingolstadt nicht das Georgische Kammerorchester, wäre das deutschlandweit der größte weiße Fleck in der Orchesterlandschaft", sagt Tobias Klein. Als Geschäftsführer ist er überzeugt: Das Georgisches Kammerorchester füllt eine Lücke. Doch wirklich gut steht es nicht um seinen Klangkörper.
"Das Orchester ist extrem pflegebedürftig", erklärt Jesko Schulze-Reimpell. Der Feuilletonchef vom Donaukurier beobachtet den Klangkörper seit Jahrzehnten. Natürlich sei es wichtig, dass es überhaupt ein Orchester in Ingolstadt gebe, meint Schulze-Reimpell. Man müsse sonst achtzig Kilometer bis zum nächsten Orchesterstandort fahren – nach München, Nürnberg, Regensburg oder Augsburg. Aber Schulze-Reimpell sieht auch die Probleme: "Das Georgische Kammerorchester wurde über Jahre und Jahrzehnte vernachlässigt – von der Stadt, von Audi, von allen. Ein bisschen ist das Orchester von allen guten Geistern verlassen."
Das Orchester wurde über Jahrzehnte vernachlässigt.
Tatsächlich fehlt es an allem: an Abonnenten, an Geld, an Musikern, an einer präsenten Leitung, an Ideen – letztendlich an einer Vision. Kein vergleichbares Kammerorchester in Bayern ist so schlecht ausgestattet wie das in Ingolstadt. Vor einigen Jahren stand das Orchester sogar vor dem finanziellen Kollaps.
Wie soll sich das Orchester neu ausrichten? Dazu gibt es viele offene Fragen: Wie lässt sich das Konzertpublikum zurückgewinnen? Gab es früher weit über 700 Abonnenten, dümpelt die Zahl seit langem bei 460. Wie soll das Ensemble seine unterschiedlichen Anforderungen erfüllen? Wie soll es am Heimatstandort die Grundversorgung mit klassischer Musik sichern und gleichzeitig ein unverwechselbares Profil entwickeln, um im Wettbewerb mit anderen Tourneeorchestern zu bestehen?
GKO-Geschäftsführer Tobias Klein hat externe Experten damit beauftragt, Antworten auf diese Fragen zu finden. Ihm geht es darum, dass "man die Situation wirklich fachlich von außen, neutral begutachtet. Wie steht es wirklich? Wie schaut es aus? An welchen Stellen müssen wir uns auch künstlerisch ausrichten?" Die Ergebnisse, so Kleins Hoffnung, wären eine gute Grundlage, um dann Entscheidungen zu treffen.
Es wird eine schwierige Phase des Übergangs. Viel wird sich nicht bewegen.
"Zuckermann hat nicht die Zeit, mehr als drei, vier Mal im Jahr hier zu dirigieren", erklärt Schulze-Reimpell. Deshalb nenne er sich selbst auch nicht Chefdirigent, sondern nur künstlerischer Leiter. "Das wird eine schwierige Phase des Übergangs sein. In dieser Zeit wird sich nichts Wesentliches bewegen." Wirklich verbessern werde sich die Situation vermutlich nicht.
Immerhin: Wie schon vor zwei Jahren darf das GKO auch dieses Jahr in der Elbphilharmonie spielen. Ein Lichtblick im Jubiläumsjahr. Für eine Lösung der Krise braucht es aber mehr: mehr Geld und eine Vision.
Sendung: "Leporello" am 28. Februar ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK