Oberfranken hat offiziell keine Musikhochschule. Und trotzdem ist für den künstlerischen Nachwuchs gesorgt. Denn es gibt tief im Frankenwald das Haus Marteau. In dieser Villa in Lichtenberg im Landkreis Hof lebte Anfang des 20. Jahrhunderts der deutsch-französische Komponist und Geigenvirtuose Henri Marteau. Und sein Haus nutzt der Bezirk Oberfranken als Internationale Musikbegegnungsstätte. Und nun wird das Haus Marteau gerade erweitert: Der renommierte Architekt Peter Haimerl hat unter anderem ein ungewöhnliches neues Konzert-Auditorium geplant.
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Statt Violine und Klavier gibt momentan der Presslufthammer den Ton im Haus Marteau an. An der Internationalen Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken graben sich die Bauarbeiter gerade tief in den Untergrund – die Vorbereitungsarbeiten für den neuen Konzertsaal. Dafür wurde der renommierte Münchner Architekt Peter Haimerl verpflichtet, freut sich Bezirkstagspräsident Günther Denzler: "Professor Haimerl ist uns vor allem aufgefallen mit diesem Konzertsaal in Blaibach, der ja akustisch zu den besten der Welt gehört. Und da haben wir gedacht: Der ist gerade gut genug für Lichtenberg." Angedockt an die denkmalgeschützte Villa des deutsch-französischen Geigenvirtuosen Henri Marteau, dessen internationale Karriere durch den 1. Weltkrieg jäh unterbrochen worden war, plant Haimerl eine Art unterirdischen Stollen. "Wir werden begünstigt durch die Hanglage", erklärt Haimerl. "Das heißt, das ist kein Kellergebäude, das einfach wie ein Bunker da unten liegt, sondern das schaut auf der einen Seite ein bisschen 'raus und öffnet sich – wenn man so will – wie eine Blüte gen Himmel, so dass Sie nach unten Licht haben und von oben sehen Sie ein paar Splitter, die da herausschauen." Rund 80 Zuhörer sollen hier mal Platz finden – klein aber fein.
Das Konzerthaus Blaibach im Bayerischen Wald begeistert seit 2014 aufgrund seiner außergewöhnlichen Akustik Künstler aus der ganzen Welt. Und auch der Lichtenberger Konzertstollen wird für Aufsehen sorgen, ist sich Denzler sicher: "Der Architekt hat, bezugnehmend auf den Bergbau, der hier einmal betrieben worden ist, sich das ausgedacht, dass der Konzertsaal unterirdisch sein soll, und er ist auch in der gesamten Gestaltung so, wie man sich den Bergbau vorzustellen hat – also mit Steinsplittern an der Decke."
Ich denke, dass Mitte oder Ende nächsten Jahres die ersten Konzerte stattfinden können.
Bereits im Rohbau fertig sind der barrierefreie Zugang mitsamt Aufzug und die vier neuen lichtdurchflutete Übungsräume. Dazu musste im Haus Marteau der Kellerboden immerhin 60 Zentimeter abgesenkt werden. Wegen der Arbeiten sind die Meisterkurse weiterhin nach Bad Steben ausgelagert. Zum Auftakt des neuen Kursjahrs steht das vierhändige Klavierspiel auf dem Programm. Die jungen Musikerinnen und Musiker aus Deutschland, Japan, Taiwan und der Schweiz arbeiten diese Woche intensiv mit der taiwanischen Professorin Hsue-Fong Chien. Sie unterrichtet bereits seit 2014 im Haus Marteau und schätzt die Internationale Musikbegegnungsstätte im Frankenwald: "Die Atmosphäre ist voller Power, nur für Musik. Man ist den ganzen Tag zusammen, musiziert und isst gemeinsam. Das ist gut!"
Und das ist nur ein kleiner Auszug: Auf dem umfangreichen Programm stehen auch Kurse für Perkussion – und erstmals seit Jahren auch wieder für Orgel, mit dem renommierten Organisten Edgar Krapp. Die Abschlusskonzerte finden nicht nur in Bad Steben statt, sondern unter dem Motto "Haus Marteau auf Reisen" kann man die Professoren und Nachwuchs-Talente aus der ganzen Welt in den kommenden Monaten zum Beispiel auch in Coburg oder Marktredwitz erleben.
Sendung: "Allegro" am 29. August 2018 ab 06:05 Uhr in BR-KLASSIK