BR-KLASSIK

Inhalt

Montserrat Caballé gestorben Königin der leisen Töne

Außergewöhnlich an ihrer Stimme waren ihr seidiges Timbre, ihr unglaublich langer Atem und ihre zauberhaft schwebenden Pianissimi. Maria Callas beschrieb sie wie eine "sanfte Brise auf der Haut": Jetzt ist die große Sängerin Montserrat Caballé gestorben – im Alter von 85 Jahren. Ein Nachruf von Alexandra Maria Dielitz.

Anhören - Würdigung Zum Tod von Montserrat Caballé: null

Your browser doesn’t support HTML5 audio

New York 1965: Gala-Abend der American Opera Society in der Carnegie Hall - das Publikum freute sich auf Marilyn Horne in der Titelrolle von Donizettis "Lucrezia Borgia", doch der Star sagte kurzfristig ab. Die Suche nach Ersatz erwies sich bei der damals nahezu unbekannten Oper als so schwierig, dass die Veranstalter schließlich eine junge Sängerin akzeptieren mussten, deren Karriere sich bislang auf die Stadttheater in Basel und Bremen beschränkt hatte.

Caballé: "La Superba"

Doch Montserrat Caballé kam, sang und siegte. Ihr sensationeller Auftritt in der Carnegie Hall öffnete der Katalanin aus einer Arbeiterfamilie die Türen der großen Schallplattenstudios und der Metropolitan Opera, wo sie sich in den nächsten Jahren den Titel "La Superba" ersang.

Lob von Maria Callas

Superb an der spanischen Sopranistin waren ihr seidiges Timbre, ihr unglaublich langer Atem und ihre zauberhaft schwebenden Pianissimi. Maria Callas beschrieb sie wie eine "sanfte Brise auf der Haut", den Sängerexperten Jens Malte Fischer erinnerte die "melancholische Klarheit" ihres Soprans an "das scharf konturierende Licht der spanischen Hochebene".

Mozart, Strauss und Freddie Mercury

Montserrat Caballé mit ihrer Tochter Montserrat Martí. | Bildquelle: © Alberto Morante Die Vielseitigkeit ihres Repertoires, das rund 90 Opernpartien und Hunderte von Liedern umfasste, war erstaunlich. Denn Montserrat Caballé widmete sich zwar ausgiebig der Wiederentdeckung vergessener Belcanto-Werke, war aber genauso bei Mozart und Mascagni, Gluck und Gounod, Pergolesi und Puccini, Strauss und Strawinsky zu Hause. Und sie liebte spanische Zarzuelas.

Musikalische Berührungsängste kannte die bodenständig und humorvoll auftretende Sängerin ohnehin nicht: Auf ihrem Album "Caballé and Friends" ist sie mit Rock-Idolen wie Bruce Dickinson oder Johnny Hallyday zu hören. Ein besonders guter Freund war Queen-Sänger Freddie Mercury: Ihr gemeinsamer, Caballés Heimatstadt gewidmeter Titel "Barcelona" ging als Erkennungsmelodie der Olympiade 1992 um die Welt.

Ich möchte weder den Komponisten, noch das Publikum, noch mich selbst enttäuschen.
Montserrat Caballé

Caballé konnte witzig und selbstironisch sein

Als Montserrat Caballé in den 90er Jahren ihre Opernauftritte aus Gesundheitsgründen einschränken musste, begann sie mit ihrer Tochter, der Sopranistin Montserrat Martí, Konzerttourneen zu unternehmen. Im April 2007 war sie noch an der Wiener Staatsoper in Donizettis "Regimentstochter" zu erleben: fulminant witzig und selbstironisch gab sie die Duchesse de Crakentorp als überdrehte Divenparodie.

Auftrittsrekord

Seit Montserrat Caballé 2012 einen Schlaganfall erlitt, war es still um sie geworden. Doch mit rund 4.000 Auftritten in einer mehr als 55-jährigen Karriere hielt sie ohnehin einen kaum schlagbaren Rekord an Bühnenpräsenz. Ihr Publikum wird sie in bester und dankbarer Erinnerung behalten - nicht zuletzt für ihre leisen Töne.    

Sendung: "Piazza" am 6. Oktober 2018 ab 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK.

Hören Sie auch unsere Sonderausgabe der Opernsendung "Con passione" am Montag, 8. Oktober ab 19:05 Uhr.