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Konflikt zwischen András Schiff und der Schubertiade Das Ende einer langen Freundschaft

Jahrelang war András Schiff ein gern gehörter und gesehener Gast bei der Schubertiade in Schwarzenberg – auch in diesem Jahr. Doch kurz vor dem Abschluss des Festivals gab der Künstler völlig überraschend bekannt, er wolle in Zukunft dort nicht mehr auftreten. Auch die für 2020 schon geplanten Schubertiade-Auftritte hat Schiff abgesagt. Dem vorangegangen ist eine Auseinandersetzung mit dem Geschäftsführer der Schubertiade Gerd Nachbauer - ausgetragen per E-Mail. Bei BR-KLASSIK kommen nun beide Kontrahenten zu Wort.

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In einem Brief an die Schubertiade-Abonnenten veröffentlichte der Geschäftsführer Gerd Nachbauer in Auszügen den Inhalt des E-Mail-Verkehrs mit András Schiff. Dieser werde "auf alle zukünftigen Auftritte bei der Schubertiade" verzichten. Zudem stelle der Pianist "die Beurteilungskompetenz des Schubertiade-Publikums in Frage". Außerdem habe er sich "sehr negativ über eine ganze Gruppe von bei uns regelmäßig auftretenden Künstlern" geäußert.

Entzündet hat sich die Auseinandersetzung an der Wahl der Flügel-Marke bei der Schubertiade. András Schiff, einem bekennenden Bösendorfer-Fan, passte es nicht, dass der Hausflügel der Schubertiade aus dem Haus Steinway stammt - und dass die Pianisten, die beim Festival gastieren, auf diesem Flügel spielten und ihn auch lobten. In seinen Meisterkursen soll der Pianist abfällig über diesen Steinway-Flügel gesprochen haben. Diese Äußerungen brachten das Festival in Schwierigkeiten, nachdem ein niederländischer Musikkritiker die scharfe Kritik publik gemacht hatte. Dabei spielt Andras Schiff schon lange auf seinem eigenen Instrument, zuletzt auf einem Bösendorfer-Flügel, der extra für ihn auf die Bühne gestellt wurde.

Das ist eine sehr schmerzvolle und schwere Entscheidung.
András Schiff über seine Absage bei der Schubertiade

In seinen E-Mails erwähnte Gerd Nachbauer auch diesen Vorfall - und das kam bei András Schiff gar nicht gut an. "Ich wurde quasi angegriffen, dass ich von der Firma Bösendorfer bezahlt wäre, um gegen Steinway zu intrigieren," sagt Schiff gegenüber BR-KLASSIK. Diese Bemerkung mit der Bezahlung habe ihn sehr verletzt. Gerd Nachbauer betont dagegen, in der E-Mail sei es gar nicht um seine persönliche Meinung gegangen. Er habe András Schiff nur auf die Diskussion aufmerksam machen wollen, die er mit seinen Bemerkungen ausgelöst habe. Auch seien nicht alle Konzertbesucher begeistert von Schiffs Bösendorfer, so Gerd Nachbauer weiter im BR-KLASSIK-Interview. "Das sollte man doch einem Künstler noch sagen dürfen!"

Es ist eine wirklich kindische Reaktion!
Gerd Nachbauer

András Schiff besitzt selbst mehrere Steinway-Flügel. Die Instrumente seien sehr gut - vor allem für Bach, Beethoven, Schumann oder Bartók, sagt der Pianist. "Aber eben nicht für Schubert - das muss ich betonen." Und er gibt zu, jenen Steinway-Flügel, der bei der Schubertiade den Pianisten zur Verfügung steht, nicht besonders zu schätzen. Dies habe er auch bei seinen Meisterkursen in Schwarzenberg deutlich ausgesprochen. "Für mich ist es wichtig, dass das Publikum diesen Status Quo nicht wortlos akzeptiert - dass man alles auf einem Steinway hört." Er bewundere Steinway, störe sich aber an der Monokultur im Konzertbetrieb.

Ich bin ein großer Bewunderer von Steinway. Aber Steinway beherrscht die Klavierwelt fast zu 100 Prozent.
András Schiff

Mit Gerd Nachbauer habe er seit rund 40 Jahren ein freundschaftliches Verhältnis. Deshalb sei er enttäuscht, dass dieser private E-Mails veröffentlicht hat. Darauf erwidert Gerd Nachbauer, als Konzertveranstalter müsse er ja dem Publikum den Hintergrund der Konzertabsagen erklären. Schließlich seien schon Prospekte für die Konzerte 2020 gedruckt und verteilt, auch die Kartenbearbeitung sei für das nächste Jahr bereits angelaufen.

Auf die Frage nach dem eigentlichen Grund der Auseinandersetzung antwortet Gerd Nachbauer: "Der ist mir völlig unersichtlich." Die Kommunikation verlief bis jetzt ausschließlich per E-Mail und über Schiffs Agentur. Persönlich haben die beiden Kontrahenten noch nicht miteinander gesprochen.

Sendung: "Leporello" am 9. August 2019 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK