Er ist zwar Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden, doch in der Semperoper macht sich Christian Thielemann ziemlich rar: In dieser Spielzeit dirigiert er lediglich den "Fliegenden Holländer" und die "Ariadne auf Naxos" von Richard Strauss. Die Ariadne hatte am 2. Dezember Premiere, die Inszenierung von David Hermann ist eine Koproduktion mit der Oper von Nancy, wo sie bereits im Sommer 2017 zu sehen war. Unser Kritiker Uwe Friedrich bemängelt Klischees in der Personenführung und ein zu kühles musikalisches Gesamtbild.
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Die Stimmung ist gedämpft auf der wüsten Insel, die im Haus des reichsten Mannes von Wien platziert wurde. Najade, Dryade und Echo putzen zwanghaft die schwarzen Stufen vor der Höhle, in der Ariadne haust, seit sie von Theseus verlassen wurde. Die drei singen zwar von "der Blätter leichtem Schaukeln und der Wellen sanftem Gaukeln", aber wir sehen etwas Anderes. Ariadne schleppt jenes Beil über die Bühne, das sie Elektra nicht geben konnte. Oder war es Theseus? Orest? Ach, egal, wer sich wie Regisseur David Hermann munter durch die Mythengeschichte assoziiert, kann schon mal den Überblick verlieren. Bereits im Vorspiel, dem Theater auf dem Theater, wählt Regisseur Hermann immer den kürzesten Weg zur Pointe. Natürlich ist der Friseur schwul und ziemlich tuntig, kommt der Tenor im offenen Bademantel aus der Dusche, ist die Primadonna eher unvorteilhaft gekleidet.
Christian Thielemann schmeckt die Klangfarben dieser faszinierenden Partitur mit der Sächsischen Staatskapelle so fein ab wie wohl kein anderer Dirigent. Musikalischer Humor ist freilich seine Sache nicht, deshalb verpufft auch der eine oder andere Effekt im Vorspiel, wenn Primadonna Krassimira Stoyanova und Tenor Stephen Gould einander beharken. Beide gehen ihre Rollen souverän an, vor allem Gould singt den Bacchus bis zum Finale bewundernswert kraftvoll und sicher. Schwerelos aufblühen wollen die Töne der beiden aber nur selten, vielleicht auch, weil Christian Thielemann wirklich alles unter Kontrolle hält und sein gesamtes Ensemble an der sehr kurzen Leine führt. So bleiben auch Albert Dohen als Musiklehrer und Rafael Fingerlos als Harlekin unter ihren Gestaltungsmöglichkeiten. Im Graben ist derweil jeder musikalische Effekt genau berechnet und perfekt aufbereitet, erstaunlicherweise wirkt die Musik dadurch aber extrem kalkuliert und trotz des Klangfarbenreichtums der Staatskapelle seltsam freudlos. Diese Dresdner "Ariadne auf Naxos" umweht eine bemerkenswerte Kühle, weil Regisseur und Dirigent die Geschichte nicht an sich und uns heranlassen.
Sendung: Allegro am 03.12.2018 um 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Richard Strauss
"Ariadne auf Naxos"
Oper in einem Aufzug nebst einem Vorspiel
Semperoper Dresden
Inszenierung: David Hermann
Sächsische Staatskapelle Dresden
Musikalische Leitung Christian Thielemann
Informationen zu Terminen und Vorverkauf finden Sie auf der Homepage der Semperoper.