Mit seiner hageren Figur, seiner hohen Stirn und seinem Rauschebart wirkt Arvo Pärt wie ein Mönch. Und als "Heiliger der zeitgenössischen Musik" wird er in der Öffentlichkeit auch gerne inszeniert. Am Dienstag bekommt er in Stockholm einen der renommiertesten Musikpreise der Welt: den Polar Music Prize.
Er wirkt weltabgewandt, wie ein Pilger, wie ein Mönch – mit seiner hageren Figur, seiner hohen Stirn, seinem Rauschebart. Arvo Pärt spricht langsam, leise, stockend. Jedes seiner Worte scheint der Stille abgetrotzt. Genauso wie seine Musik: "Ich habe nach etwas gesucht, eine Sehnsucht gehabt. Ich wusste nicht: Wo ist das? Was ist das? Aber ich wusste, dass es so etwas gibt, was ich suche."
Alle Musik ist geistlich. Alles, was es in der Welt gibt. Nur der Geist ist verschieden.
Einmal, in den 1970er-Jahren, sei Pärt an einer Bushaltestelle vor dem Haus der Familie gestanden. Ein Straßenfeger war dort, berichtet Pärt weiter. Und den fragte er: "Wie soll ein Komponist Musik schreiben?" Der Straßenfeger habe auf den Komponisten geschaut und gesagt: "Ja, was könnte das sein? Vielleicht muss man jeden einzelnen Ton lieben."
Als der Welterfolg kam und die Methode zur Masche zu werden drohte, hat Pärt Gegenstrategien ergriffen, hat seine Musik zum Dramatischen hin geöffnet, ins Opulente geweitet, manchmal in ein dezent neoromantisches Gewand gekleidet. Und doch zählen die reduzierten Partituren der klassischen "Tintinnabuli"-Periode, wie "Fratres", "Spiegel im Spiegel" oder auch die "Johannespassion", bis heute zu Pärts kraftvollsten Werken. Weil in ihnen die Kunst der Beschränkung der Schlüssel ist zur Unendlichkeit: "Eines Tages, wenn wir vor Gottes Gericht stehen, wissen wir nichts. Und unser ganzes Wissen zählt nichts. Es zählt vielleicht nur, wie wir gelebt haben. Oder kürzer gesagt: Haben wir geliebt?"
Eines Tages, wenn wir vor Gottes Gericht stehen, wissen wir nichts.
Sendung: "Allegro" am 23. Mai ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK