Mit zwei Konzerten an einem Tag beschließt Cecilia Bartoli die Reihe "Canto lirico" bei den Salzburger Festspielen. In ihrem Programm verbindet die Sängerin Barockarien mit einer halbszenischen Inszenierung. Das überzeugt erst wenig – und dann doch.
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Besonders barock wirkt das Salzburger Haus für Mozart normalerweise nicht. Eher schlicht sind die terrakottafarbenen Wände. An diesem Abend ist das anders, an die Wand hinter der Bühne wird der Zuschauerraum des Teatro San Carlo aus Neapel projiziert, ein rot-goldenes Barockopernhaus wie aus dem Märchenbuch. Davor steht ein Orchester mit alten Instrumenten, es spielt eine Händel-Ouvertüre. Währenddessen schreitet ein Zeremonienmeister im langen Gehrock herbei, stellt Requisiten und einen Schminktisch auf die Bühne. Von Anfang an ist klar: Das wird kein normales Konzert, hier soll es eine Show geben.
Cecilia Bartoli hat für ihre zwei Konzerte in der Salzburger Reihe "Canto lirico" ein Programm aus Barockarien von Porpora, Händel, Hasse und Vivaldi zusammengestellt. Die von ihr gegründeten Musiciens du Prince-Monaco unter Gianluca Capuano begleiten sie und steuern Instrumentalstücke bei. Die Arien werden aber nicht bloß gesungen: Bartoli hat sich ein halbszenisches Konzept überlegt, eine Art durchkomponiertes Opern-Pasticcio, überschrieben mit "What passion cannot music raise", dem Titel einer Händel-Arie. Und so kommt Cecilia Bartoli zuerst in einer Hosenrolle mit Pixie-Perücke und Rüschenhemd auf die Bühne. Eine nette, wenn auch naheliegende Idee für die Kastraten-Arien von Nicola Porpora, die am Anfang des Programmes stehen. Allerdings: Auch wenn Bartoli alle Verzierungen technisch sehr gut singt – sie klingt hier sehr kehlig, zum Teil unangenehm kehlig, wie mit einem Knödel im Hals. Das jugendliche Timbre, das man eigentlich bei Kastraten erwartet, besitzt sie nicht.
Dazu ist auch auf der szenischen Ebene alles recht statisch, ernste Blicke schweifen in die Ferne. Bartoli gefällt sich in der Tragödie – und auch als Diva: Mit dem ersten Kostümwechsel wird sie vom Kastraten zur Cleopatra, zwei Diener befächern sie mit Straußenfedern. Allerdings singt sie bei den Cleopatra-Arien aus Händels "Giulio Cesare in Egitto" schon etwas befreiter.
Die Zugaben machen dann schließlich aus einem guten Konzert ein tolles Konzert: Dann wird es auch mal lustig, wenn Bartoli singend an einem Zigarillo pafft und Ringe in die Luft bläst. Sie duelliert sich mit den Musikern, plötzlich wechseln sie von einer Arie in ein Barock-Swing-Crossover von George Gershwins "Summertime". Das ist endlich die Show, die Bartolis Konzept von Anfang an versprochen hat.
Sendung: "Allegro" am 28. August 2020 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK