In seiner Jugendzeit war Christian Heiß selbst Mitglied der Regensburger Domspatzen. Im Herbst übernimmt er diesen Chor als neuer Leiter. Was bedeutet dies für ihn und wie hat ihn seine Zeit bei den Domspatzen geprägt? Auf jeden Fall so sehr, dass er Chordirigent wurde, erläutert er im Gespräch.
BR-KLASSIK: Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Berufung, Christian Heiß. Sie waren einer von acht Kandidatinnen und Kandidatin der engeren Wahl, um die Nachfolge von Roland Büchner anzutreten. Es gab ein Vorsingen in Regensburg. Nun waren Sie ja selbst Mitglied der Domspatzen. Mit welchen Gefühlen sind Sie denn da zum Vor-Dirigieren angetreten, quasi auf der anderen Seite des Chores?
Christian Heiß: Na ja, das waren gemischte Gefühle. Auf der einen Seite ist es immer so, wenn man, auch nach vielen Jahren, dorthin fährt, dann ist das immer ein wenig wie nach Hause kommen. Auf der anderen Seite war natürlich das, was mir bevorstand, völlig anders. Man darf sozusagen vorsingen - und dann vor den Buben zu stehen, vor den jungen Männern und vor der Kommission: Das war schon sehr aufregend, das gebe ich zu.
BR-KLASSIK: Nun ist ihre eigene Domspatzen-Zeit schon ein paar Jährchen her. Sie sind jetzt 51 Jahre alt. Was würden Sie aus der Rückschau sagen: Wie hat sie diese Zeit geprägt?
Christian Heiß: Ich würde schon sagen, dass sie mich entscheidend geprägt hat für das, was dann kam und auch für das, was ich jetzt bin. Und vielleicht auch für das, was ich jetzt werde. Denn dieses Zusammenspiel von täglichem Musik machen, von Konzertieren, von Gemeinschaft, von vielen Jungs, mit denen man sich gut versteht: Das war derart prägend, dass ich dann letztendlich auch zu diesem Beruf kam.
Was mir immer Freude gemacht hat, war einfach, mit jungen Leuten auf dem Weg zu sein.
BR-KLASSIK: Nun haben sie in Eichstätt als Domkapellmeister eine ähnliche Situation, wenn auch verschiedene Chöre. Sie haben Vor-Chöre für die ganz Jungen, zwei Jugendchöre, den Domchor und nicht zuletzt die Schola Gregoriana. Was, meinen Sie, prädestiniert Sie nun, fortan nur noch mit einem reinen Knabenchor zu arbeiten?
Christian Heiß: Ich weiß nicht ob ich jetzt nur für die Knaben prädestiniert bin, aber ich sage es mal so: Was mir immer ganz besondere Freude gemacht hat, war einfach, mit jungen Leuten auf dem Weg zu sein, zu sehen, wie sie von klein auf über die verschiedenen Chorgruppen wachsen und gedeihen, singen lernen, Freude am Musizieren haben und letztendlich auch über die Musik reifen und Persönlichkeiten werden. Das ist es, was mich ganz besonders reizt.
BR-KLASSIK: Nun hatten wir neulich in unserer Redaktion eine recht kontroverse Diskussion darüber, ob es nicht denkbar wäre, eine Institution wie die Regensburger Domspatzen auch für Mädchen zu öffnen und zu erweitern. Wie denken Sie denn darüber: Ist ein reiner Knabenchor noch zeitgemäß, und wenn ja, werden Ihrer Meinung nach Mädchen benachteiligt, wenn sie nicht bei den Domspatzen singen dürfen?
BR-KLASSIK: Würden Sie denn sagen, dass es einen musikalischen und klanglichen Unterschied gibt zwischen einem gemischten Chor singt und einem reinen Knabenchor? Anders gefragt: Können Sie den Unterschied hören?
Christian Heiß: Ich würde für mich behaupten, ich kann es hören, ob Knaben oder gemischte Chöre singen oder ob Knaben und Mädchen für sich allein singen. Das gilt nicht für das rein Musikalische: Die Mädchen sind genauso fit in dem, was Musik machen und Musik denken und dynamisches Singen angeht. Aber auf klanglicher Ebene gibt es diesen Unterschied schon.
Sendung: "Leporello" am 26. März 2019 ab 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK