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Coronavirus im Konzertsaal? Warnungen treffen vielfach auf taube Ohren

Die Mailänder Scala bleibt bis Anfang April geschlossen, auch in der Schweiz hagelt es Veranstaltungsabsagen. Grund ist die Ausbreitung des Coronavirus. In Deutschland hat sich Gesundheitsminister Jens Spahn ausdrücklich für die Absage von Großveranstaltungen mit über 1.000 Personen ausgesprochen. Doch noch ist die Unsicherheit groß, wie Veranstalter und Publikum damit umgehen sollen.

Bildquelle: dpa-Bildfunk / Antonio Calanni

Kurz vor Beginn der Vorstellung im Nationaltheater in München: im Eingangsbereich wildes Gewusel. Besucher geben noch schnell ihre Jacken an der Garderobe ab, bevor es losgeht. Große Messen wie die Leipziger Buchmesse oder die Musikmesse Frankfurt sind abgesagt worden, die meisten Konzerte und Theatervorstellungen finden in Deutschland aber weiterhin statt.

Veranstalter befürchten Krise

Bildquelle: dpa-Bildfunk / Britta Pedersen Zum Glück, meint Jens Michow, Präsident des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft. Eine Situation wie in der Schweiz und in Italien – also dass große Veranstaltungen coronabedingt einfach ausfallen – könnte die Branche schnell in eine größere Krise stürzen. Schließlich gehe es um viel Geld. Nur ein geringer Teil der Kosten könne rückabgewickelt werden, so Michow. Die Ticketkäufer wollen ihr Geld zurück – und die Veranstalter selber versuchen, von den Künstlern Geld zurückzubekommen. Aber bei anderen Kosten wie den Hallenmieten werde es schon schwierig.

Viele Veranstaltungen in München finden statt

Die Kulturveranstaltungen in München finden weiterhin statt und sind außerdem gut besucht. Das liegt zum Teil daran, dass viele Besucher ihre Karten schon Wochen im Voraus gekauft haben, meint Andreas Schessl vom Großveranstalter "MünchenMusik". Anders bei den Kartenverkäufen für die kommenden Monate, hier sind momentan Einbrüche zu verzeichnen. Die Kunden halten sich bei den Kartenkäufen zurück, so die Beobachtung des Konzertveranstalters.

Strenge Auflagen in der Schweiz

Probleme bereiten auch Kooperationen mit ausländischen Künstlern. Manche wollen nicht zu ihren Auftritten anreisen. Zunehmend schwierig sind außerdem Veranstaltungen, die im Ausland stattfinden sollen. Andreas Schessl von "MünchenMusik" beobachtet mit Sorge die Situation in der Schweiz. Seine Firma ist davon ebenfalls betroffen. Auch Schessl musste bereits eine größere Veranstaltung absagen. Er hält die Maßnahmen dort für übertrieben.

Wenn wir das in den nächsten Wochen nicht in den Griff bekommen, dann wäre das für uns problematisch als Veranstalter.
Andreas Schessl

Kleine Veranstaltungen im Aufwind

Im Gegensatz zu Großveranstaltern spüren die vielen Kleinkunstbühnen in München dagegen kaum etwas von der außergewöhnlichen Situation. Die Vorstellungen sind gut besucht. Woran das liegen könnte? Christiane Brammer vom Hofspielhaus München hat da eine Vermutung: Ins Hofspielhaus passen höchstens siebzig Personen, es handelt sich allso nicht um Großveranstaltungen.

Vielleicht ist es aber auch einfach so, dass die Leute ins Theater gehen, um sich abzulenken.
Christiane Brammer

Jens Michow vom Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft rät grundsätzlich, Ruhe zu bewahren. Denn wo immer jemand an Absagen von Veranstaltungen denke, müsse eine konkrete Gefahr gegeben sein. Eine abstrakte, allgemeine Gefahr werde da nicht ausreichen, meint er. Denn dann müsse man jedes Zusammensein in größeren Räumen verbieten. Michow empfiehlt, nicht hysterisch zu werden.

Musikfreunde wollen nicht verzichten

Eine Empfehlung, die übrigens auch Gesundheitsminister Spahn ausspricht. Obwohl er – was die Einschätzung der Gefahr angeht – deutlich andere Worte findet. Bislang treffen sie bei den Münchner Konzertgängern überwiegend auf taube Ohren. Die Besucher an der Münchner Staatsoper wollen auf ihre Aufführungen jedenfalls nicht verzichten.

Sendung: Allegro am 10. März 2020 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK.

Mehr Informationen zum Coronavirus finden Sie im Live-Ticker von BR24.