Der Start für Mozarts "Così fan tutte" im 18. Jahrhundert war durchaus holprig. Später gab es auch noch Häme von Komponisten wie Beethoven und Wagner. Mittlerweile gehört dieser Liebesreigen mit Lug und Betrug zu einer von Mozarts meistaufgeführten Opern – und hat auch schon etliche Deutungen erlebt. Am 23. Februar feiert "Così" am Nürnberger Staatstheater Premiere. Die Regie führt Staatsintendant Jens-Daniel Herzog selbst. BR-KLASSIK hat Herzog bei den letzten Proben vor der Premiere getroffen.
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Schon die ersten Bilder von Jens-Daniel Herzogs "Così fan tutte" Inszenierung zeigen: Herzog gibt sich der furiosen Liebesgeschichte Mozarts gerne hin. Die beiden Schwestern Fiordiligi und Dorabella, zwei wohlfrisierte junge Damen in geblümten Petticoats, besingen die Liebe auf ihre Männer in einem vollkommen güldenen Wohnzimmer: Wände, Vorhang und Wendeltreppe – alles Gold. Die Szenerie erinnert an die 1950er-Jahre. Ihre zunächst noch Anzug tragenden Männer haben auch in Nürnberg schon längst die Wette des diabolischen Don Alfonso angenommen, ziehen angeblich in den Krieg. Sie kommen als Rapper verkleidet, mit Goldketten behangen zurück, um die Treue ihrer Frauen zu testen. Die Schwestern wollen sich zwischenzeitlich aus Liebeskummer schon theatralisch mit Kuchengabeln erstechen, am Vorhang erhängen – schmieren den Männern dann aber doch auf einem goldenen Bügelbrett unter Tränen Brote für die Kriegs-Lunch-Box.
Wir versuchen, einen unverstellten Blick auf das Stück selbst zu bekommen.
Jens-Daniel Herzog frönt dem Witz von Mozarts Vorlage, ohne den Kern der Handlung – das Spiel mit Lug und Betrug – zu dramatisieren. "Unser Zugang ist immer ein relativ einfacher", sagt der Intendant. "Wir schauen in die Stücke hinein, in die Partituren, und versuchen, die Sprengkraft und das Kraftvolle des Werkes selbst hervorzuheben. Wir versuchen verschiedene Deutungen wegzuwischen, um einen unverstellten Blick auf das Stück selbst zu bekommen. Und dann kommt schließlich dazu, dass man das Alte gesucht, aber etwas ganz Neues gefunden hat."
Herzog hat in Mozarts Partitur genug Stoff für nicht nur eine "Così", sondern gleich für zwei gefunden. Und so spielt er mit einer doppelten Bühne. Das goldene Wohnzimmer der Schwestern ist ein kleinerer Guckkasten mitten auf der Bühne – mit einem dicken schwarzen Rahmen, wie bei einem alten Röhrenfernseher. Die zweite, die eigentliche, größere Bühne ist klinisch weiß vertäfelt. Während die Schwestern im goldenen Kasten ihre Männer besingen, stehen Guglielmo und Ferrando schon am Rand der weißen Bühne, schauen ihren Frauen verstohlen zu, ziehen sich um für ihre Rolle als Liebhaber. "Die Figuren schlüpfen auch in andere Rollen", erklärt Herzog sein Konzept. "Sie spielen falsche Gefühle, sie spielen permanent etwas vor – und so kam die Idee, dass wir eine Bühne in der Bühne haben. Wo man dann gleichzeitig zeigen kann, dass die Akteure spielen und andere beobachten; da sind die Mittel des Theaters einfach hervorragend."
Ganz ohne Deutung will Jens-Daniel Herzog seine "Così" aber doch nicht dem Nürnberger Publikum präsentieren. Mit der doppelten Bühne zieht Herzog auch eine Meta-Ebene in Mozarts komische Oper ein. Die beiden Schwestern sind die einzigen, die von all dem Doppelspiel nichts mitbekommen. Sie sind in ihrem Wohnzimmer gefangen, ruckeln manchmal verwundert mit, wenn die Guckkasten-Bühne, ihre goldene Welt, von vorne nach hinten gezogen wird. Privates wird öffentlich – schonungslos, wie heutzutage im Social-Media-Zeitalter. "Es ist ja eine öffentliche Wette in einem Kaffeehaus", erklärt Herzog. "Es wird auf die Treue der Frauen gewettet, es führt also dazu, dass du am Ende des Stücks dein Intimstes, deine Treue zur Schau stellst – zur Belustigung einer Gemeinschaft. Das fand ich das Radikale an dem Stück und da sind wir auch hochaktuell, denke ich."
Sendung: "Allegro" am 22. Februar ab 06:05 Uhr in BR-KLASSIK
"Così fan tutte"
Dramma giocoso von Wolfgang Amadeus Mozart
Staatstheater Nürnberg
Premiere: Samstag, 23. Februar 2019, 19:30 Uhr
Inszenierung: Jens-Daniel Herzog
Staatsphilharmonie Nürnberg
Leitung: Lutz de Veer
Informationen zu Terminen und Besetzung finden Sie auf der Homepage des Nürnberger Staatstheaters.