BR-KLASSIK

Inhalt

Morricone dirigiert in der Münchner Olympiahalle Standing Ovations vor dem ersten Ton

Wie schon bei seinen Konzerten in Paris, Zürich und anderen Großstädten, wurde Morricone auch in der Münchner Olympiahalle frenetisch gefeiert. Standing Ovations gab es bereits bei seinem ersten Erscheinen auf der Bühne, noch bevor überhaupt ein Ton erklungen war.

Bildquelle: © Matthias Keller

Die Olympiahalle war praktisch ausverkauft, wobei die Ränge der östlichen Tribüne frei blieben, da man ein riesiges Akustiksegel als Raumteiler aufgehängt hatte. Und das war gut so. Denn im Unterschied etwa zum Hans-Zimmer-Konzert im vergangenen Jahr wurde dadurch die ohnehin schwierige Akustik einigermaßen kontrollierbar. Ein weiterer Unterschied war, dass Morricone mit einem vollen symphonischen Orchester angereist war.

Auf Tour mit dem Tschechischen Nationalen Symphonieorchester

V.l.n.r. BR-KLASSIK-Redakteur Matthias Keller, Dirigent Ludwig Wicki, Ennio Morricone und Beatrice Wicki | Bildquelle: © Matthias Keller Dieses Tschechische Nationale Symphonieorchester, mit dem der Maestro die gesamte Tournee bestreitet, wurde ergänzt vom Münchner Universitätschor, der zwar tapfer gegen die akustischen Widrigkeiten kämpfte, teilweise aber trotz reicher Mikrofonierung nicht immer durchkam. Vor allem in "The Mission", dem musikalischen Höhepunkt jedes Morricone-Konzerts, blieben die raffiniert verschachtelten, polyrhythmischen Passagen mitunter auf der Strecke. Und das, obwohl der römische Maestro seinen eigenen Tonmeister Fabio Venturi dabei hatte, der vom Mischpult aus das Geschehen akustisch zu bändigen versuchte. Venturi ist seit über zwei Jahrzehnten auch für alle Soundtrack-Aufnahmen des Maestro verantwortlich und kennt wie kaum ein anderer jedes Detail des Programms.

Letzteres gilt auch für das Orchester, das inzwischen derart vertraut ist mit den teils komplexen Partituren, dass es Morricones römisches "Hausorchester" längst in den Schatten stellt. Vor allem die heikle Balance zwischen spätromantisch opernhafter Sinfonik und den immer wieder aufblitzenden Elementen aus Pop- und Unterhaltungsmusik ("Der Profi", "Giù la testa") wurde von diesem Orchester kongenial gemeistert.

Szenenapplaus für Western-Musik

Schön auch, dass der Western-Morricone in diesem Programm nur einer von vielen Punkten war ("Spiel mir das Lied vom Tod", "Zwei glorreiche Halunken"). Und dass stattdessen viele der hierzulande weniger bekannten Titel erklangen wie "Das rote Zelt" (1969) oder das raffiniert gebaute "Croce d’Amore" aus dem Sozialdrama "Metti, una sera a cena": ein barocker "Passus duriusculus", wie auch in Bachs "Crucifixus" zu hören, gepaart mit Elementen der seriellen Avantgarde. Aber klar: dass bei Stücken wie "Spiel mir das Lied vom Tod" oder den "Glorreichen Halunken" spontaner Szenenapplaus aufbrandete, war vorauszusehen gewesen. Schließlich ist in Deutschland, worüber Morricone keineswegs glücklich ist, gerade diese Facette besonders populär.

Unerwartete Preisverleihung

Weshalb dem Maestro allerdings mitten im Konzert ein Preis des französischen Filmkomponisten-Verbandes verliehen werden musste - auf Französisch moderiert, für das Publikum ins Englische übersetzt und Morricone selbst auf Italienisch ins Ohr geflüstert - wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben. Der Geehrte selbst zumindest war auf rührende Weise ergriffen. Ein großer Abend mit einem der Größten seines Metiers.