Für Richard Wagner war es ein Schauermärchen: der verfluchte Holländer, der über die Weltmeere segelt, auf der Suche nach der Frau, die ihn erlöst. Regisseur Uwe Schwarz zeigte die Oper am Theater Regensburg mal von einer anderen Seite. Und das fand BR-KLASSIK-Kritiker Peter Jungblut durchaus stimmig. Am 23. September war Premiere.
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Mag ja sein, dass viele davon träumen, aber so richtig aufregend ist ja weder ein Containerschiff, noch ein Hausboot: Kein Wunder, dass sich die schwärmerische Senta etwas mehr Abenteuer herbei sehnt. Ihr Vater Daland schippert als geschäftstüchtiger Kapitän auf der Kommandobrücke eines Riesenfrachters über die Ozeane, ihr Liebhaber Erik geht angeln und würde gern auf dem Wasser wohnen, mit Sonnenschirm und Veranda. Senta dagegen schaut sehnsüchtig hinaus auf die sturmumtoste See und wartet auf den sagenumwobenen "Fliegenden Holländer", der am Theater Regensburg allerdings auch nicht gerade wie ein fluchbeladener, romantischer Held aussieht: Grauer Anzug, schwarzer Regenmantel und ein Ruderboot am Schlepptau.
Regisseur Uwe Schwarz inszenierte Wagners Seestück also mit viel Ironie, streckenweise sogar mit Klamauk - was der "Fliegende Holländer" aber ganz gut verträgt, schließlich wollte sich Heinrich Heine, der die Figur erfunden hat, damit nach eigener Aussage an den "Prüden rächen": "Es ist eine gute Geschichte, köstlich wie eingemachte Ananas oder wie frischer Kaviar, oder wie Trüffel in Burgunder", so Heine, und sie erzählt, wie "Männer im günstigsten Fall durch die Weiber zu Grunde gehn". Durchaus Stoff für eine heitere Satire also, erst Richard Wagner machte daraus eine Schauergeschichte, weil er eine in der Tat gruselige, nämlich stürmische Seefahrt mitgemacht hatte. Erfreulich, dass Regisseur Uwe Schwarz gewissermaßen beide Lesarten inszenierte, den lustigen, anti-spießbürgerlichen "Holländer" von Heinrich Heine und den tragischen von Wagner, aber diese Mischung irritierte einige Zuschauer. Es gab am Ende einige zaghafte Proteste gegen die Inszenierung.
Bühnenbildnerin Dorit Lievenbrück hatte das Geschehen in den Laderaum eines modernen Frachters verlagert: Rostige Stahlgestelle rahmten die Spielfläche ein. Natürlich gab es keine "Spinnstube", wo die braven Frauen ihrem Handwerk nachgehen, sondern stattdessen einen Beauty-Salon, wo sich die Ladys langweilen. Im Hafen hängt ein Plastik-Hai, darunter schunkelt ein Shantychor und macht Schleichwerbung für ein sehr norddeutsches Bier. Herrlich kunterbunt dieser Abend - und trotzdem keine Persiflage: Senta und ihr "Fliegender Holländer" bleiben anrührend, bewegend, durchaus authentisch, aber eben nicht spießig und sentimental, und auch nicht überfrachtet mit irgendwelchen meist unfreiwillig komischen politischen Anspielungen. Diese Wagner-Oper eignet sich für optische Aktualisierungen am wenigsten, wie sich nicht zuletzt in Bayreuth herausgestellt hat.
Musikalische Leitung: Judith Kubitz
Inszenierung: Uwe Schwarz
Premiere: 23. September 2017
Besetzung und weitere Termine
Sendung: Allegro am 25. September 2017, 6.05 Uhr auf BR-KLASSIK.