"Der Freischütz" von Carl Maria von Weber galt lange als deutsch-romantische Vorzeige-Oper. Die Mischung aus geisterhafter Zauberwelt, gruseliger Wolfschlucht und bravem Biedermeier macht den "Freischütz" allerdings heute schwer inszenierbar. Sicher auch deshalb hat die Bayerische Staatsoper für die "Freischütz"-Premiere am 13. Februar einen internationalen Cast zusammengestellt, der unvoreingenommen an das Werk herangehen kann. Antonello Manacorda dirigiert seine zweite Premiere am Haus. Mit Dmitri Tcherniakov inszeniert ein Regisseur, der stets tief in die Psyche der Charaktere hinabsteigt.
Die volkstümliche, romantische Seite von Webers "Freischütz" will uns Dmitri Tcherniakov nicht zeigen, das hat er im Vorfeld klargestellt. Eine Entscheidung, die wenig überrascht. Während viele seiner Kollegen ihm erschrocken sagten, dieses Stück könne man heute gar nicht inszenieren, war er sofort fasziniert von den Figuren. Welche dunkle Geschichte haben sie? Von wem werden sie missbraucht und wen missbrauchen sie vielleicht selbst?
Das sind Fragen, denen Tcherniakov auf den Grund gehen will. In seiner Produktion leben die Protagonisten in der Moderne. Sein Bühnenbild zeigt eine schmucke Hotelsuite, in der die Hochzeit von Agathe und Max gefeiert werden soll. Der Probeschuss wird zu einem grausamen Aufnahmeritual in das Unternehmen von Kuno, Agathes Vater.
In einem Meisterwerk wie dem 'Freischütz' ist keine Note zu viel oder zu wenig.
Ein Knackpunkt einer jeden "Freischütz"-Inszenierung ist die Wolfsschluchtsszene. Es fällt auf, dass diese bei Tcherniakov nicht mit einem Schauspieler als Samiel besetzt ist. Denn dieser ist hier keine eigenständige Figur, sondern wohnt in Kaspar, ist quasi der böse Teil einer gespaltenen Persönlichkeit. Eine neuralgische Szene, nicht nur für die Inszenierung – auch musikalisch. "Für das Orchester gibt es so viele verschiedene Sachen zu zeigen: Es gibt die Texte, es gibt gesungene Stellen. Es ist ein Meisterwerk!"
Auch diese Produktion muss ohne Publikum stattfinden. Für alle Beteiligten keine leichte Situation, wie auch das "Ännchen" Anna Prohaska betont. Seit über einem Jahr hat sie keine ganze Oper mehr gesungen. Aber sie hat einen Trick, beim Livestream trotzdem in die richtige Stimmung zu kommen: "Ich stelle mir immer liebe Menschen vor, die vor den Bildschirmen sitzen und mich unterstützen. Einzelne Menschen, von denen ich weiß, dass sie gerade zugucken, mir die Daumen drücken." Das gebe ihr Rückgrat und mentale Unterstützung.
Video-Livestream BR-KLASSIK CONCERT "Der Freischütz" am 13. Februar 2021 ab 18:30 Uhr
Radioübertragung "Live aus dem Münchner Nationaltheater – Der Freischütz" am 13. Februar 2021 ab 18:30 Uhr auf BR-KLASSIK