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Protestaktion bei Konzert von Gabriela Montero in Berlin "Schockierend und bewegend"

Beim Konzert der venezolanischen Pianistin Gabriela Montero am Freitag in der Komischen Oper Berlin kam es zu einem Zwischenfall: Zwei Landsleute der Pianistin sangen vor Konzertbeginn spontan die Nationalhymne von Venezuela - als Zeichen des Protests gegen die politischen Vorgänge in ihrer Heimat. Beeindruckt von dem Vorfall zeigte sich der russische Pianist Igor Levit, der unter den Konzertbesuchern war. Aus dem Publikum war aber auch Missfallen zu vernehmen.

Bildquelle: © Shelley Mosman

Die Dirigentin Mirga Gražinytė-Tyla wollte gerade den Auftakt zu Peter Tschaikowskys Klavierkonzert Nr. 1 mit Gabriel Montero als Solistin geben, als in der ersten Reihe zwei junge Besucher aus Venezuela aufsprangen und die Nationalhymne Venezuelas sangen - offenbar eine Protestaktion, um auf die aktuelle politische Situation in Venezuela aufmerksam zu machen. Das Land steckt seit Monaten unter anderem wegen der Misswirtschaft der regierenden Sozialisten in einer dramatischen Wirtschaftskrise. Täglich gibt es Bürgerproteste gegen Präsident Nicólas Maduro, bei denen es immer wieder zu gewalttätigen Ausschreitungen kommt.

Igor Levit beschreibt "Gänsehautmoment"

Unter den Konzertbesuchern in der Komischen Oper befand sich auch der Pianist Igor Levit. Auf seiner Facebookseite beschreibt er den besonderen Augenblick, als die beiden Venezolaner zu singen begannen, und sprach von einem "Gänsehautmoment“.

Gabriela Montero habe sich vom Gesang ihrer Landsleute sichtlich bewegt und überwältigt gezeigt, schreibt Levit. "Was danach folgte, war mit das berührendste b-Moll-Konzert, welches ich jemals hören durfte", so Levit weiter. "Da saß eine Künstlerin auf der Bühne, für die das Musikmachen eine ungeheuer existenzielle Wichtigkeit einnimmt." Es habe keine Distanz mehr zwischen Künstlerin und Werk gegeben, Montero habe sich "entblößt": "Ihr Kampf für ihr Land, für ihr Volk, ihr Leid, ihre Hoffnung, die sie lebt, und für die sie einsteht, Tag für Tag, Stunde zu Stunde, das alles wurde lebendig.“

Es geschah etwas Unaussprechliches und Unbeschreibliches: Es entstand Leben zwischen allen Beteiligten.
Igor Levit

Berührendes Konzert

Es sei gleichzeitig schockierend und sehr bewegend, was sich beim Konzert in der Komischen Oper Berlin abgespielt habe, schreibt Gabriela Montero in ihrem Statement. Für sie selbst war es die "herzzerreißendste und kraftvollste Wiedergabe“ des Tschaikowsky-Konzerts, die sie je gegeben habe.

In der Musik geht es um Menschlichkeit - andernfalls bedeutet sie nichts.
Gabriela Montero

Kritik aus dem Publikum

Montero beschreibt auch, wie sie sich nach Ende der Vorstellung - vor der obligaten Zugabe - ans Publikum wandte, um den Vorfall bei Konzertbeginn zu kommentieren. Die beiden Besucher aus Venezuela hätten mit dem Singen der Nationalhymne die Welt daran erinnert, dass es "außerhalb dieser sicheren Konzerthalle viele Menschen gibt, die leiden", schreibt Montero, "unser Land, Venezuela, leidet und durchlebt gerade eine der grauenhaftesten Phasen seiner Geschichte."

Daraufhin habe jemand aus dem Publikum in deutscher Sprache gerufen, dass der Konzertsaal nicht der Ort für Politik sei. Ein Großteil des Publikums habe sie jedoch unterstützt und mit starkem Applaus bekräftigt, dass es die Botschaft verstanden habe, so Montero.