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Krisenbewältigung Geigenbauer in der Corona-Zeit

Manche Menschen haben gerade unfreiwillig viel Freizeit. Und manche nutzen diesen Freiraum, um ihre Musikinstrumente wieder zu bespielen. Deshalb haben sich Instrumentenbauer eine Geschäftsbelebung zum Frühjahr erhofft. BR-KLASSIK hat Münchner Geigenbauer besucht und genauer nachgefragt.

Bildquelle: Michael Jaumann

(Bild: Der Geigenbauer Michael Jaumann)

Der Geigenbauer Michael Jaumann arbeitet an seiner neuen Fräse. Ein Geschenk aus Coronazeiten. Zusammen mit dem dazugehörigen 3D-Scanner ein wertvolles Teil. Das kann schon mal an die 20.000 Euro kosten. So eine Anschaffung während Corona – das ist natürlich risikoreich. Aber Jaumann hat Glück. Ein langjähriger Kunde kam auf ihn zu wegen der Restauration von zwei Violoncelli. Eigentlich ein normaler Auftrag. Doch als Michael Jaumann von der Fräse und dem dazugehörigen 3D-Scanner erzählt, entscheidet sich der Kunde kurzerhand, sein Geld für die Erhaltung von Kultur auszugeben: Er sponsert ihm die Geräte. Für den Geigenbauer ein Segen. Und auch sonst geht es ihm während Corona eigentlich ganz gut.

Es sind sogar Leute gekommen, die im Keller eine Geige gefunden haben und dann gesagt haben: Ja, die möchten wir herrichten lassen.
Michael Jaumann, Geigenbauer

Starke Geschäftseinbußen

Der Geigenbauer Ulrich Fuchs | Bildquelle: Ulrich Fuchs Doch nicht jeder hat so viel Glück wie Michael Jaumann. Die meisten berichten von starken Geschäftseinbußen, zum Beispiel Ulrich Fuchs. Er ist Inhaber eines alteingesessenen Geigenbaubetriebs in der Münchner Innenstadt. Fuchs sagt, er zahle jetzt drauf: "Also ich würde sagen, der Umsatzeinbruch ist mindestens 60 Prozent, und wir arbeiten im Moment ohne Gewinn. Alle meine Mitarbeiter sind derzeit in Kurzarbeit, anders geht es nicht". Der Verleih von Instrumenten und größere Einzelaufträge halte das Geschäft am Laufen. Das Entscheidende aber fehle, nämlich das ganze Tagesgeschäft, von dem er hauptsächlich lebe. Dazu gehören Reparaturen, Zubehör- und Saitenverkauf. Wenn keine Konzerte gespielt werden, gibt es keine Abnutzung, also keine Reparaturen.

Wer nicht breit aufgestellt und flexibel ist, für den wird es eng.
Daniel Schmidt, Präsident des Verbands deutscher Geigenbauer und Bogenmacher

"Call a Saite" – neue Geschäftsmodelle fürs Überleben

Eine Kollegin überlege jetzt, ob sie einen sogenannten Hol- und Bringservice anbieten solle, so Schmidt. Das heißt: Sie will zu den Kundschaften nach Hause fahren und dort Sachen abholen. Die Gründe für solche Aktionen können vielfältig sein. Viele Orchester haben einen Haushaltsstopp verordnet, Reparaturen werden nicht bezahlt und auch der internationale Handel liegt brach. Zwar geht es nicht jedem so schlecht, aber die Bandbreite ist groß.

Wenig Hilfe vom Staat

Staatliche Unterstützungen helfen dabei nicht immer. Sie sind kompliziert zu beantragen, das Geld kommt viel zu spät und sie müssen jeden Monat erneut beantragt werden. Einzig und allein die Soforthilfen im März 2020 liefen problemlos, erzählt Ulrich Fuchs. Da habe es einmalig 9.000 Euro gegeben. Jetzt allerdings würden viele vergeblich auf finanzielle Unterstützung warten: "Viele freischaffende Musiker erzählen, dass sie irgendwelche Soforthilfen beantragen und da auf große Schwierigkeiten stoßen – dass man nur Betriebskosten geltend machen kann, die ein selbstständiger Musiker in dem Sinne ja gar nicht hat."

Sendung: Leporello am 20. April 2021 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK