Corona spaltet die Gesellschaft in wirtschaftlich schwer und weniger Betroffene. Auch die Kulturszene habe Corona gespalten, so der Dirigent des renommierten Balthasar-Neumann-Ensembles Thomas Hengelbrock. Er plädiert für ein "gesundes Aufbegehren" gegen eine Politik der "Gefühllosigkeit".
Hengelbrock zeigt sich im BR-KLASSIK-Interview enttäuscht darüber, wie viele Kulturinstitutionen, Chefdirigenten und Intendanten sich ihre Kunstfreiheit zurzeit "abkaufen lassen mit Subventionen": Aus seiner Sicht gibt es viel zu wenig Aufbegehren und Hinterfragen dessen, was gerade passiert. So viele Anstrengungen seien unternommen worden. Auch das von ihm geleitete Balthasar-Neumann-Ensemble habe hohe Hygienestandards und alles unternommen, um weiter spielen zu können. Doch von einer Wiederaufnahme des Betriebs ist keine Rede.
Ich finde es fatal, wie die Politiker nur darüber reden, wie wir kulturelles, soziales, gesellschaftliches Leben weiter reduzieren können.
Das "empathielose" Verkünden immer weiterer Verlängerungen und Verschärfungen führe bei vielen zu Depressionen. Außerdem stehe es in ganz großem Kontrast zur Ansage im Oktober. Da sei eine Einschränkung der Grundrechte bis November damit begründet worden, dass wir "damit wir den Dezember und überhaupt auch den ganzen Winter gewinnen". Nun jedoch werde alles diskussions- und kommentarlos einfach fortgeschrieben. Thomas Hengelbrock, der sich selbst in der Mitte der Gesellschaft verortet, kommt im BR-KLASSIK-Interview zum Schluss: "Diese Politik ist nicht länger hinnehmbar."
Warum setzt sich die Bayerische Staatsoper nicht dafür ein, dass man wenigstens Kinderveranstaltungen macht?
"Wo sind denn auch in Berlin und in München und in Hamburg die öffentlichen Institutionen und die Intendanten und die Chefs, die vorangehen und sagen: 'Liebe Leute, wir machen es anders. Wir haben tolle Konzepte, es muss weitergehen'", fragt sich Thomas Hengelbrock im BR-KLASSIK-Interview. "In einem geschützten, nachvollziehbaren Rahmen kann sehr gut der Betrieb wieder aufgenommen werden. Wir sehen ja, dass wir mit den Maßnahmen das Virus nicht eindämmen können."
Sendung: "Leporello" am 20. Januar 2021 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK