Als Octavian im "Rosenkavalier" hat sich Hertha Töpper in die Herzen gesungen und gespielt. Über 100 Mal hat sie den "jungen Herrn aus großem Haus" allein in München gegeben. Nach Informationen aus ihrem engen Freundeskreis, die BR-KLASSIK vorliegen, ist die Sängerin nun im Alter von 95 Jahren verstorben.
Your browser doesn’t support HTML5 audio
Geheimnisvoll, schlank und hochgewachsen, mit imposanter Bühnenpräsenz: Hertha Töpper galt als Idealbesetzung für die Hosenrolle des Octavian in Richard Strauss‘ Rosenkavalier. 133 Mal hat sie den "jungen Herrn aus großem Haus" allein in München gegeben. Dorthin war die Sängerin direkt vom Opernhaus ihrer Geburtsstadt Graz abgeworben worden.
Ihr München-Debüt gab Hertha Töpper 1951 als Octavian. Schon als Kind war die Tochter eines Geigenlehrers, geboren am 19. April 1924, "von der Musik gepackt". Sie erhielt früh Geigenunterricht, besuchte die Opernschule am Grazer Landeskonservatorium und jede erdenkliche Konzert-Aufführung. Eine große Rolle spielte dabei von Anfang an Wagner, ihr erstes Opernerlebnis war "Lohengrin", dann die "Götterdämmerung". Es wühlte die junge Sängerin so auf, dass sie "nächtelang nicht geschlafen" hat. Später trat sie bei den Bayreuther Festspielen auf, mit genauem Gespür für die Partien, die zu ihr passten. "Ich habe nicht die hochdramatische Veranlagung", sagte sie 1994 in einem Interview. "Und in der Oper 'Tristan' als Brangäne zu stehen und da den herrlichen Ruf singen zu dürfen, war für mich genauso die Erfüllung."
Ich hatte Glück mit meinen Opernchefs.
Neben Wagners Brangäne waren auch Mozarts Dorabella und Cherubino wichtige Säulen in ihrem Repertoire. In München, wo sie schon 1955 zur Bayerischen Kammersängerin ernannt wurde, genoss sie es, immer von "ihren" Dirigenten getragen zu werden: "Ich hatte Glück mit meinen Opernchefs. Knappertsbusch, Kempe, Fricsay, Keilberth. Es waren Chefs, die immer sorgfältig auch aufs Timbre geachtet haben."
Eindrücklich in Erinnerung geblieben ist Hertha Töpper auch als Bach-Interpretin. Neben Ernst Haefliger und Dietrich Fischer-Dieskau war sie eine feste Größe in den Konzert- und Oratorien-Aufführungen von Karl Richter in München. Anrührend und schlicht, tiefernst in ihrem Flehen und zugleich hochbeweglich in ihrem oszillierenden Wechsel zwischen Mezzosopran- und Altregister, gelang Hertha Töpper 1958 etwa die "Erbarme dich"-Arie in Bachs Matthäus-Passion.
Neben Bach und 70 Bühnenrollen sang Hertha Töpper auch Uraufführungen, etwa Hindemiths "Die Harmonie der Welt" und noch 1972 Isang Yuns "Sim Tjong". Sie trat regelmäßig bei den Salzburger Festspielen und an der Wiener Staatsoper auf, nach ihrem Abschied von der Bühne lehrte sie zehn Jahre bis 1981 als Professorin an der Münchner Musikhochschule.
Ihre Paraderolle aber und zugleich ihre "liebste Reisepartie" von Mailand bis London, Brüssel, Tokio oder der New Yorker Met war und blieb der "Rosenkavalier"-Octavian. Und es war München, wo sie Operngeschichte schrieb: mit dem Terzett im dritten Akt. Innig verschmilzt ihr Octavian – mit den Sopranstimmen von Erika Köth und Marianne Schech. Ein himmlischer Opern-Moment.
Sendung: "Leporello" am 31. März 2020 um 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK