Jiří Bělohlávek, der langjährige Chefdirigent der Tschechischen Philharmonie, galt als Spitzeninterpret insbesondere tschechischer Komponisten von Dvořák bis Smetana. Am 31. Mai 2017 ist er im Alter von 71 Jahren gestorben.
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Jiří Bělohlávek leitete die Tschechische Philharmonie als Chefdirigent in den Jahren 1990 bis 1992 und noch einmal seit 2012. Erst im Januar hatte Bělohlávek seinen Vertrag mit dem Orchester um weitere sechs Jahre verlängert. Im April 2017 stand er in München am Pult des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks. Bereits 40 Jahre zuvor, 1977, hatte er mit dem BR-Orchester sein erstes Konzert gegeben, und dirigierte auch schon damals Werke seines Landsmannes Bohuslav Martinů.
Der Beruf des Dirigenten ist nicht einfach nur ein Broterwerb. Man hat als Künstler eine Mission.
Seit über vier Jahrzehnten erfüllte Jiří Bělohlávek seine Mission: Tatsächlich hat der 1946 in Prag geborene Dirigent die musikalische Tradition seiner tschechoslowakischen Heimat jahrzehntelang in die Welt getragen. Zunächst als Assistent von Sergiu Celibidache, der ihn nach einem Meisterkurs im Jahr 1968 als seinen Assistenten nach Stockholm holte, was in der Zeit des Eisernen Vorhangs zwischen Ost und West eine fast unvorstellbare Tat war. Mit 26 Jahren stand er für sechs Jahre am Pult der Staatsphilharmonie in Brünn. Schnell wurde man auch in der tschechoslowakischen Hauptstadt auf ihn aufmerksam: 1977 wurde Bělohlávek Chefdirigent der Prager Symphoniker, bei denen er zwölf Jahre lang blieb - bis zum Fall des Eisernen Vorhangs. Unermüdlich trieb der ehrgeizige Orchesterleiter die Musiker zu Höchstleistungen. In den Proben galt er als streng und kompromisslos.
Es war immer mein Ziel, die tschechische Musik weiter zu produzieren und zu interpretieren.
Von 2006 bis 2012 leitete er mit großem Erfolg das BBC Symphony Orchestra, einen der wichtigsten Klangkörper in Großbritannien. Dabei dirigierte er das Orchester dreimal bei der legendären "Last Night of the Proms". Für seine Leistungen zeichnete ihn Königin Elisabeth II. 2012 mit dem britischen Verdienstorden "Commander of the British Empire" aus. Seine vielgelobte DECCA-Gesamteinspielung aller Dvořák-Symphonien und -Konzerte entstand jedoch in der Heimat: mit der Tschechischen Philharmonie Prag, deren Leitung er 2012 noch einmal übernahm.
Jiří Bělohláveks außergewöhnliches Engagement für die Musik seiner Landsleute Dvořák, Janáček, Smetana, Suk und Martinů mag ein wenig seine zweite Leidenschaft für die Werke der Impressionisten überdecken, die vergleichsweise wenig zum Tragen kam. Weitaus sichtbarer dagegen war sein Erfolg als Operndirigent in Covent Garden, der MET, in Zürich, Wien, Glyndebourne oder San Francisco. Doch was auch immer er dirigierte, ob nun Oper oder Konzert: Seinem Streben nach Tiefe, Glaubwürdigkeit und Rechtschaffenheit ist Jiří Bělohlávek ein Leben lang treu geblieben.
Dem Gedenken an Jiří Bělohlávek widmet sich am 2. Juni 2017 ab 18.05 Uhr die Sendung Klassik-Stars.