Johanna Doderers "Liliom"-Oper wurde bei ihrer Münchner Uraufführung mit gebremster Begeisterung aufgenommen. Die zweite Inszenierung am Landestheater Innsbruck lässt jedoch vermuten, dass das Werk durchaus mehr Substanz besitzt als ursprünglich angenommen. Regisseur Johannes Reitmeier fand für die Handlung überwältigende und starke Bilder – und dies ungeachtet einer kulinarischen Tonsprache, die eigentlich so gar nicht zur Kirmes-Umgebung von Ferenc Molnárs Bühnenstück passt.
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Jeder hat eine zweite Chance verdient, womöglich sogar eine dritte - gemessen daran ist das Operngeschäft ziemlich unfair. Kaum eine Uraufführung wird nämlich nachgespielt, und zwar unabhängig davon, ob sie umjubelt war oder umstritten. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Uraufführungen bringen mitunter sogar internationale Aufmerksamkeit, die zweite Inszenierung interessiert meist nur noch die Lokalpresse. Umso verdienstvoller, dass der Innsbrucker Intendant Johannes Reitmeier sich davon nicht abhalten ließ, trotzdem abermals "Liliom" auf die Bühne zu bringen, eine Oper nach dem Theaterstück von Ferenc Molnár (1922), die vor gut zwei Jahren am Münchner Gärtnerplatztheater mit mäßiger Begeisterung und "durchwachsenen" Kritiken aufgenommen wurde.
Und der zweite Versuch hat sich durchaus gelohnt. Fazit: Das Grundproblem dieses groß angelegten Stücks der österreichischen Komponistin Johanna Doderer bleibt, aber es ist in den Griff zu bekommen. Und was ist das Problem? Doderer komponierte pompööös - mit drei "ö", trug also richtig dick auf, kein Wunder, bei einer Frau, die nach eigener Aussage viel von Richard Strauss gelernt hat und der italienischen Oper verfallen ist. Das passt aber ganz und gar nicht zu dieser banalen Rummelplatzgeschichte vom Karussell-Schreier Liliom, dem die Frauen zu Füßen liegen. Statt sich am opulenten Sound von Richard Strauss zu orientieren, wäre es in diesem Fall wohl sinnvoller gewesen, sich Kurt Weill oder Hans Eisler zum Vorbild zu nehmen, schließlich erinnert die Geschichte ja durchaus an die Story der "Dreigroschenoper" oder auch an das schräge Milieu in "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny".
So ist "Liliom" nicht nur erträglich, so hat die Oper eminenten Schauwert, wenn sie auch nicht wirklich zu Herzen geht. Der Humor funktionierte nicht, dafür die melancholische Poesie, insbesondere, wenn der Schlägertyp Liliom nach seiner Selbsttötung vor seinen himmlischen Richter tritt und kein bisschen Reue zeigt – natürlich, weil er Angst hat, er könnte als Schwächling dastehen. Das ist jedenfalls weit psychologischer gedacht und gemacht als der populäre "Brandner Kaspar", der ja auch mit dem Paradies hadert. Dirigent Stefan Klingele entschlackte die Partitur nach Kräften, sorgte jederzeit für Transparenz, auch, wenn Solisten und Kinderchor mal drohen, mindestens knöcheltief in Gefühlsduselei zu versinken.
Sendung: "Leporello" am 04. März 2019, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK
"Liliom"
Oper von Johanna Doderer
Text von Josef E. Köpplinger
Frei nach dem gleichnamigen Bühnenstück von Ferenc Molnár
Landestheater Innsbruck
Regie: Johannes Reitmeier
Tiroler Symphonieorchester Innsbruck
Leitung: Stefan Klingele
Informationen zu Terminen, Besetzung und Vorverkauf finden Sie auf der Homepage des Theaters.