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Kritik – "I Masnadieri" in München Gothics im Geisterhaus

La Traviata, Aida, Rigoletto – Giuseppe Verdis Opern sind echte Kassenschlager in Opernhäusern weltweit. Es gibt aber doch Opern von ihm, die recht selten aufgeführt werden. Eine davon: "I Masnadieri", Verdis Version von Schillers "Die Räuber". In München wurde sie erst 2008 erstaufgeführt – am Gärtnerplatztheater. In der Staatsoper hatte sie nun in einer Neuinszenierung Premiere.

Bildquelle: Wilfried Hösl

Es ist aber auch nicht einfach! Da schreibt Friedrich Schiller, noch grün hinter den Ohren, ein Drama, das wie kaum eines zuvor stürmt und drängt und alle literarischen Traditionen bricht – und dann soll man daraus eine Oper machen! Vor dieser schier unlösbaren Aufgabe standen Librettist Andrea Maffei und Komponist Giuseppe Verdi. So richtig gut konnten sie sie nicht lösen – das kann auch die Neuinszenierung von "I Masnadieri" an der Bayerischen Staatsoper nicht kaschieren.

Bildquelle: Wilfried Hösl Maffeis und Verdis Räuber-Version legt ihren Fokus auf die angespannte Familiensituation: Francesco täuscht den Tod seines Bruders Carlo vor, um an Macht, Besitz und Carlos Verlobte Amalia zu kommen; Carlo schwört derweil einer Räuberbande die Treue und Vater Massimiliano ist mit der Gesamtsituation ziemlich überfordert. Der Handlung zu folgen ist schwer, weil Verdi und Maffei Schiller ordentlich rafften und manche fröhlich-schunkelnde Arie aus dem dramatischen Zusammenhang ziemlich herausfällt.

Verdi in schwarz-weiß

Regisseur Johannes Erath versucht das zu flicken, indem er eine Figur andeutet, die nicht im Libretto steht: Die verstorbene Mutter von Carlo und Francesco – ihren Tod müssen hier alle noch verarbeiten. Entsprechend beginnt die Szene hinter Trauerflor, die Figuren tragen größtenteils schwarz, fahles Licht leuchtet auf sie. Neben ihnen stehen jüngere Versionen ihrer selbst: Zombie-graue Wiedergänger, die genauso aus einer vergangenen Zeit wie aus einer Traumwelt kommen könnten.

Alles also ziemlich düster. Auch die Bühne von Kaspar Glarner: Sie zeigt eine Art verzerrtes Herrenhaus, das effektvolle Licht von Olaf Freese macht ein Geisterhaus daraus. Im Zentrum der Bühne steht meist ein langer Tisch, später gibt's ein paar Tannen und riesige Porzellan-Hirsche. Das sieht alles zunächst recht eindrucksvoll aus, bleibt dann aber doch eher statisch. Eigentlich hat man hier nach einigen Minuten schon alles gesehen. Und auch gehört, denn den musikalischen Höhepunkt gibt es schon in der Ouvertüre: Eine klagende Kantilene, die Solo-Cellist Emanuel Graf wunderschön spielt.

Mariotti überzeugt mit dunklen Klang

Während die Inszenierung aber im Laufe des Abends langweilig wird, hält die Musik ein konstant hohes Niveau. Dirigent Michele Mariotti schafft mit dem Bayerischen Staatsorchester einen dunklen, homogenen Klang, der stets gut balanciert ist. Der Chor als Gothic-Räuberbande mit schwarzen Kutten (Einstudierung: Stellario Fagone) ist kräftig besetzt – sowohl was Anzahl als auch Stimmvolumen angeht.

Bildquelle: Wilfried Hösl Charles Castronovo als Carlo sprüht, wie es sich für einen Verdi-Tenor gehört, nur so vor stimmlichem Testosteron, Igor Golovatenko gibt einen schön fiesen Francesco und Mika Kares als Massimiliano passt mit seinem kräftigen Bass gut in das düstere Setting. Diana Damrau scheint dagegen bei ihrem Debüt als Amalia weder stimmlich noch schauspielerisch schon in die Rolle hineingefunden zu haben: Schöne Piani singt sie ohne Frage, doch gerade in den kräftigen Duetten scheint sich der Trauerflor der Regie auch auf ihre Stimme gelegt zu haben. Der Inszenierung fällt keine schlüssige Erklärung ein, wer diese Amalia eigentlich ist. Das Publikum reagiert auf die Inszenierung mit Bravi wie mit Buhs: "I Masnadieri" in den Opern-Kanon zu katapultieren wird so wohl nicht gelingen.  

Sendung: Allegro am 9. März 2020 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK.