Seit Jahren hatte er sein Athener Refugium mit dem Blick auf die Akropolis kaum noch verlassen: Mikis Theodorakis, der große Poet und Komponist der Griechen, der 1964 mit seiner Musik zu dem Film "Alexis Sorbas" – mit Anthony Quinn in der Titelrolle – weltbekannt wurde. Worüber er später gar nicht so glücklich war, weil er sich damit zum Unterhaltungskomponisten abgestempelt fühlte. Am 2. September ist Theodorakis im hohen Alter von 96 Jahren gestorben.
Des Öfteren schon hatte der am 29. Juli 1925 auf Chios geborene Theodorakis in seinem Leben mit dem Tod zu tun gehabt. Das erste Mal Anfang der 1940er Jahre, als er als Mitglied des griechischen Widerstands gegen die deutschen und italienischen Besatzungstruppen inhaftiert und gefoltert wurde. In dieser Zeit kam Theodorakis in Kontakt mit dem Marxismus, der sein Weltbild prägen sollte. Und er bewahrte sich sein kommunistisches Rebellentum, obwohl er als junger Politaktivist mit den Parteifreunden in doktrinäre Konflikte geraten war, die Wunden hinterließen. Mit der Lambrakis-Jugend hatte Theodorakis 1962 die größte Organisation dieser Art in seiner Heimat mitbegründet. Zwei Jahre danach war der damals 39-Jährige als Abgeordneter ins Parlament gewählt worden. Als 1967 das Militär in Griechenland die Macht übernahm, geriet Theodorakis als Links-Oppositioneller in Folterhaft.
Mit seinen Balletten, symphonischen Werken und Streichquartetten galt der Grieche, der bei Olivier Messiaen studiert hatte, als aufstrebender Star der zeitgenössischen Musik der 1950er Jahre. Doch Mikis Theodorakis, der mit der Volksmusik seiner Heimat aufgewachsen und tief verbunden war, wollte weder als elitärer Komponist im Elfenbeinturm verstanden werden, noch bedingungslos dem musikalischen Populismus ausgeliefert sein. Und Theodorakis ging seinen eigenen Weg als zeitgenössischer Liedkomponist mit starkem eigenem Kolorit.
Neben der musikalischen suchte Mikis Theodorakis immer auch die politische Bühne. 1990 bis 1992 war er gar parteiloser Minister in einer Mitte-Rechts-Regierung. Als es in den letzten Jahren zu Straßenprotesten gegen den harten Sparkurs der griechischen Regierung kam, fehlte der alte Rebell Theodorakis nicht. Vor dem Athener Parlament zog sich der damals 87-jährige eine Gasmaske über und sprach von der Revolution als Gebot der Stunde. Bleiben wird ein anderes Vermächtnis: Mikis Theodorakis wird immer zu den Komponisten gehören, deren unverwechselbare Sprache man an wenigen Tönen erkennt.
Sendung: "Leporello" am 02. September 2021 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Aus Anlaß des Todes von Mikis Theodorakis ändert BR-KLASSIK das Programm und widmet die Sendung "Horizonte" am Dienstag, 07. September 2021 ab 22:05 Uhr dem verstorbenen Komponisten.