Das Müller'sche Volksbad in München ist der Lieblingsspielort der freien Opern-Company Opera Incognita. Diesmal verweben die über 40 Mitwirkenden "Dido und Aeneas" von Henry Purcell mit der Oper "The Rape of Lucretia" von Benjamin Britten. Dabei fungiert "Dido and Aeneas" als Spiel im Spiel: Der Etrusker-Prinz Sextus Tarquinius genießt mit seinen Generälen eine Theater-Aufführung, in der ihm die schöne Lucretia als Dido-Darstellerin besonders auffällt. Er hört von ihrer Tugendhaftigkeit und Treue und will diese unter allen Umständen brechen. Das Schicksal nimmt seinen Lauf.
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Flirrende Töne und Melodien sausen mir um die Ohren, Wasser spritzt auf meine Schuhe und tanzt in Spiegelungen an den Wänden. Plötzlich blendet mich ein Schweinwerfer, ich bin kurz wie blind, dann stürzen sich zeitgleich ungefähr 25 Männer und Frauen in ein großes Becken, ein weiterer nasser Fleck am Hosenbein. Oper 360 Grad und mit allen Sinnen: ein Erfolgsrezept, das Oper Incognita zum dritten Mal ins Müller’sche Volksbad bringt. "Es ist einerseits der wunderbare Jugendstilbau aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts, der optisch schon wie ein Opernhaus aussieht, wenn man es betritt," schwärmt Dirigent Ernst Bartmann. "Und mit dem Neptunbrunnen, der Ansicht vorne und diesem opulenten Schwimmbad – das ist einfach eine tolle Atmosphäre, die uns immer wieder für neue Projekte reizt."
Chorist Hellmut Bayerer ist zum dritten Mal dabei, und zwar in seiner Freizeit. Opera Incognita sei für ihn einfach die spannendste unabhängige Operngruppe in München, erklärt er. Außerdem schätze er die spaktakulären Aufführungsorte und das spannende Konzept. Dafür verantwortlich ist auch Regisseur Andreas Wiedermann, der zweite Kopf von Opera Incognita. Ihn haben neben der eleganten und frischen Musik von Britten und Purcell vor allem die inhaltlichen Parallelen der beiden Geschichten interessiert.
In beiden Opern kommt das Böse vor.
In "The Rape of Lucretia" werde das Böse dadurch motiviert, dass Tarquinius Sextus von seiner Frau, oder von allen Frauen, die er hatte, betrogen worden sei und dementsprechend Frauen für untreu halte und und auch das Glück Anderer nicht ertragen könne, so Wiedermann. In "Dido und Aeneas" sei es genau das Gleiche: Die böse destruktive Kraft tritt in Gestalt von "mummenschanz-artig" auftretenden Märchen-Hexen auf, die einfach das Liebesglück der Dido nicht ertragen könnten.
Den ersten Teil dominiert klar Henry Purcell, mit seinem Lustspiel "Dido und Aeneas". Doch wenn die Handlung zurück zu Brittens "The Rape of Lucretia" springt, entsteht plötzlich ein hoch emotionales, düsteres Psychodrama. Den schwierigsten Part dabei hat Mezzosopranistin Frauke Mayer. In der Doppel-Hauptrolle Dido und Lucretia verbindet sie gleich zwei unterschiedliche Partien, die sie sängerisch und schauspielerisch herausfordern. Vor allem den zweiten Teil empfindet sie als stimmlich und psychisch sehr fordernd.
Ich hab' die letzten Tage jeden Tag gedacht: Ich halte durch, ich halte durch, ich mach' da weiter.
Wer mag, ist übrigens eingeladen, in der Pause der Oper oder danach selbst ein paar Runden im Becken zu drehen: einfach Schwimmsachen und Handtuch mitnehmen.
Sendung: "Allegro" am 30. August 2018 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Die Produktion "Dido und Aeneas"und "The Rape of Lucretia der Opera Incognita ist am 31. August sowie am 01., 06., 07., 08., 13., 14. und 15. September zu sehen. Beginn ist jeweils um 19:30 Uhr. Mehr Informationen gibt es auf der Homepage des Ensembles.