Kaum zu glauben - obwohl Giordanos "Andrea Chénier" durchaus als Hit und Publikumsmagnet gilt, gab es das Stück bislang noch nie an der Bayerischen Staatsoper. Das wurde nun endlich nachgeholt. Und Anja Harteros ist mit ihrem Rollendebüt der Maddalena die Sensation des Abends.
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Zugegeben, liest man nur das Libretto, wirkt die Figur der Maddalena ein bisschen flach. Adelstochter, begütert und verwöhnt, von den Wirren der französischen Revolution traumatisiert. Geht - trotzig und doch weltfremd, nicht in der alten, nicht in der neuen Ordnung zu Hause - mit dem Dichter Chénier in den Liebestod. Opernklischee halt.
Bis Anja Harteros auf die Bühne des Nationaltheaters kommt und mit "La mamma morta" ihre große Arie singt. Schon zu Beginn, in der Mittellage, fast erzählend, verstört, fesselt sie mit ihrer Unbedingtheit und Fokussiertheit. Und dann, wenn die großen Gefühle kommen, die Spitzentöne, die Wucht und das Drama, macht Anja Harteros stimmlich allen klar: Diese Frau liebt angstfrei und bedingungslos, sei ihre Situation auch noch so ausweglos. Keiner kann sich ihr entziehen: ihr Widerpart Gérard nicht, ihr Geliebter Andrea Chénier nicht, und das Publikum auch nicht. Das Haus tobt. Die Harteros, mit Rollendebüt, mal wieder eine Sensation!
Die Premiere in Bildern
Auch der dritte im Bunde, Bariton Luca Salsi als Gérard, besticht mit stimmstarkem, souveränem und stilsicher geführtem Bariton, zeigt sich vielseitig und überzeugend als selbstbewusster Rebell, als eifersüchtiger Rivale, als kopflos roher Frevler, und als moralisch geläuterter, gewissenhafter Staatsmann.
Bravo ebenso wie für "Figur Nummer 4", das Bayerische Staatsorchester unter Omer Meir Wellber, das in dieser Partitur mit reinem Begleiten nicht davonkommt, sondern mit eigenem Profil die ganze Palette des Verismo souverän auskostet: charmant und elegant am Anfang, voller Schmelz und großer Geste in der Mitte, bedrohlich, krass und hart angesichts der Guillotine für Chénier und Maddalena am Ende. Für Dirigent Wellber nach Boitos Mefistofele die zweite Premiere am Haus - eine gute Entscheidung!
Premiere war am 12. März 2017
Weitere Termine gibt es am 15., 18., 22. und 30. März 2017
2. April 2017
28. und 31. Juli 2017
Weitere Informationen unter staatsoper.de