Jesus als Superstar in einem Musical? Bei der Uraufführung 1971 sorgte das Bühnenwerk von Andrew Lloyd Webber bei vielen Christen für Entsetzen. Trotzdem feierte es weltweit seinen Durchbruch. Jetzt kam das Musical in Würzburg auf die Bühne - in einer zeitlosen Fassung und frei von Klischees.
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Fundamentalistische Christen haben sich vor knapp 50 Jahren bei der Uraufführung in New York tatsächlich furchtbar aufgeregt über "Jesus Christ Superstar". Vielleicht haben sie das Musical damals ja missverstanden, womöglich aber auch nur sehr genau hingesehen. Um den biblischen Jesus geht es nämlich eigentlich gar nicht beim Komponisten Andrew Lloyd Webber und seinem Textdichter Tim Rice. Vielmehr liegt die Betonung eindeutig auf Superstar.
Es war wohltuend, König Herodes mal nicht als kreischige Tunte zu erleben sondern als diabolische Führungskraft. Pontius Pilatus foltert Jesus nicht etwa aus angeborener Grausamkeit, sondern verpasst ihm Elektro-Schocks, um ihn zur Besinnung zu bringen. Nur so wäre ja der Superstar vor seinen frustrierten Fans noch zu retten. Die Apostel, darunter auch Frauen, sind sämtlich coole Typen in schlurfigen Klamotten und Kapuzen-Shirts, neudeutsch Hoodies, allesamt lässig drauf, easy going, jederzeit bereit, alles mögliche zu glauben, aber nicht unbedingt zuverlässig.
Das Volk spaziert unterdessen im blütenweißen Outfit der nächsten Heilserwartung entgegen - wie Sekten halt so sind. Dank der schnörkellosen Ausstattung von Alexandra Burgstaller ist das alles absolut zeitlos, bildstark, eindringlich, kitschfrei. Gar nicht so leicht, ein so betagtes Musical von 1971 optisch so sehr an die Jugendkultur von heute heranzurücken und dabei glaubwürdig zu bleiben. Dirigentin Marie Jacquot, auch sie Französin, war ähnlich zurückhaltend ironisch wie das Regieteam. Das passte somit zwar perfekt zusammen, aber mehr musikalischer Kontrast, mehr Furor im Orchestergraben, hätte dem Abend noch mehr Schärfe gegeben, manche Nummer emotional aufgeladen.
Insgesamt ein umjubelter Musicalabend und ein großer Erfolg für das Mainfrankentheater. Musical muss weder inhaltlich flach sein, noch glitzernd und gleißend bebildert werden. Am Ende verliert sich die Showtreppe im Bühnennebel. Und es war zu ahnen: hier gerät eine große Sehnsucht aus den Augen.
Andrew Lloyd Webber:
"Jesus Christ Superstar"
Mainfrankentheater Würzburg
Marie Jacquot, Musikalische Leitung
Pascale-Sabine Chevroton, Regie