Dass es an dem vermeintlich allgegenwärtigen Mozart immer noch Neues zu entdecken gibt, davon ist Rolando Villazón fest überzeugt. Heuer schlüpft der Sänger und Regisseur erstmals in die Rolle des Intendanten bei der Mozartwoche Salzburg, die 2019 unter dem Motto "Mozart lebt" steht.
BR-KLASSIK: "Mozart, ein Mann der Aufklärung" heißt eine Veranstaltung bei der diesjährigen Mozartwoche. Was haben wir uns darunter vorzustellen? Mozart war doch eigentlich jemand, der sich auch für die Nachtseiten interessiert hat – Bereiche, in denen die Gefühle stärker sind als die Vernunft. Trotzdem ein Mann der Aufklärung?
Rolando Villazón: Das ist genau die Zeit der Aufklärung, und Mozart ist ein Kind dieser Zeit. Das Verständnis, das Mozart von der menschlichen Seele hatte, ist unglaublich. In Musik zu übersetzen, wer wir sind – das hat niemand besser gemacht als er. Man darf nicht vergessen, dass es sich bei den Freimaurern, zu denen er gehörte, nicht um irgendwelche Esoteriker handelte. Das waren wirklich Leute ihrer Zeit, da gab es Philosophen und andere intellektuelle Menschen. Und die Ideen, die sie hatten, waren die Ideen der Aufklärung. In den Briefen an seinem Vater spricht Mozart über den Tod, über das Leben, über die Beziehung zwischen den Menschen, zwischen König und Diener. Darüber, dass wir alle stark sein müssen, dass der echte Reichtum das Licht in unserem Gehirn ist. Und alle diese Ideen finden sich in Mozarts Briefen. Ja, wir kennen den lustigen Mozart, er war ein Epikureer im wahrsten Sinne des Wortes: Er liebte das Leben, wie es kommt, wie es ist. Aber wie gesagt: Er hatte ein unglaubliches Verständnis und Gefühl dafür, wer wir sind – äußerlich und innerlich.
BR-KLASSIK: Epikureer, also jemand, der den Genuss schätzt, der die guten Dinge des Lebens so richtig auskosten kann – wie übersetzt man das jetzt in ein Festival? Dort geht es ja auch um Genuss, oder?
Rolando Villazón: Ja genau, wir wollen natürlich diese wunderbare Musik spielen, aber wir haben auch eine Botschaft über Mozarts Leben und darüber, wer er war. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Mozartwoche das größte Festival auf der Welt ist, das sich dem Komponisten widmet, es ist das Festival der Stiftung Mozarteum. Es gibt kein renommiertes Buch über Mozart, das nicht über die Stiftung Mozarteum spricht oder Material aus der Stiftung präsentiert.
Diese Stiftung ist quasi das Herz der Mozart-Forschung. Und in diesem Sinne muss ein Festival über Mozart einfach Mozart pur sein. Also gibt es auch nur Musik von Mozart. Aber es geht auch darum, was wichtig war für Mozart: Mozart tanzte, deswegen gibt es Tanz in der Mozartwoche. Mozart liebte Theater, das Theatralische ist so wichtig in allem, was er komponiert hat. Daher gibt es natürlich auch verschiedene szenische Projekte: Pantomime und Marionettentheater, auch in Zusammenarbeit mit dem Landestheater. Kirchenmusik, Chormusik, Kammermusik, Musik auf alten Instrumenten und Musik auf modernen Instrumenten. Wir haben die besten Orchester, Dirigenten und Interpreten zu Gast: die Wiener Philharmoniker, das Chamber Orchestra of Europe, das Mahler Chamber Orchestra, Maestro Barenboim, Sir András Schiff, Cecilia Bartoli, Janine Jansen, Mitsuko Uchida – ich kann sie gar nicht alle nennen.
Ein anderthalbstündiges Abenteuer – auch für diejenigen, die das Werk schon kennen.
BR-KLASSIK: Was war denn für Sie die spannendste Entdeckung, als Sie das Festival vorbereitet haben?
Seit 1956 organisiert das Salzburger Mozarteum jedes Jahr in den Tagen um Mozarts Geburtstag am 27. Januar die Mozartwoche. Mit ihren Veranstaltungen bietet die Mozartwoche ein dichtes und abwechslungsreiches Programm mit Konzerten, Diskussionsrunden und Filmvorführungen. Im Mittelpunkt der Woche steht immer die szenische Produktion eines Musiktheaters. Zu den eingeladenen Interpreten gehören international renommierte Orchester wie die Wiener Philharmoniker, die regelmäßig bis zu drei Konzerte bestreiten.
Sendung: "Allegro" am 15. Januar 2019 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK