Am 12. August hatte die Salzburger "Poppea" Premiere. Auf der Bühne stand ein Star-Ensemble, mit Sonya Yoncheva und Kate Lindsey als Herrscherpaar Poppea und Nero. Die musikalische Leitung lag bei William Christie - einer Autorität in Sachen Alte Musik. Für die Regie war der Belgier Jan Lauwers zuständig. Ein Theatermacher, der gerne Bildende Kunst aber auch Tanz und Performance miteinander verbindet.
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Da stehen sie am Ende, Nerone und Poppea, und singen von ihrer Liebe. Wie wenig sie sich noch über den Weg trauen, nach so viel Leichen, Intrigen und Machtspielchen, das wissen sie wohl selbst nicht. Kate Lindsey als Kaiser Nero und Sonya Yoncheva als Poppea trennt zunächst die ganze Bühne im "Haus für Mozart". Zu viel haben sie voneinander gesehen, Schlimmes, Garstiges. Ganz am Ende erst nimmt die amerikanische Mezzosopranistin Lindsey seine/ihre neue Kaiserin Poppea dann doch in den Arm, küsst sie inniglich und man denkt: Ja, möge doch etwas gut sein und gut gehen in dieser inhumanen Monteverdi-Oper "L'Incoronazione di Poppea".
Ähnlich basisdemokratisch und unprätentiös denkt und arbeitet der Belgier Jan Lauwers in seinen Theaterkollektiven. Er hat aus dieser "Poppea" anstelle einer klassischen Inszenierung eine zeitlose menschliche Performance gemacht, dank der hochvirtuosen TänzerInnen der Salzburg Experimental Academy of Dance und des Bodhi Projects.
Wie in einer Art Körperkommentar bewegen sich die Tänzer auf der leeren Bühne, deren Boden unzählige verkrümmte Leichen wohl vergangener Konflikte formen. Was sie tanzen, wie sie sich bewegen, auch mit den Sängern gemeinsam, ist im besten Fall eine Entgegnung oder Verstärkung von Gefühlen, Subtexten oder Gedanken. Dann wird Lauwers' Konzept richtig stimmig, erweckt streckenweise eine gruselige, Hieronymus-Bosch-haft endzeitige Atmosphäre. Passiert der Tanz aber zu eigenständig, parallel oder gar nicht, gerät die Idee ins Wackeln, spaltet sich die Aufmerksamkeit und die Künste fallen auseinander. Ratlos bleibt man zurück, und konzentriert sich auf den Gesang.
Zumal das, was allen voran die drei tragenden Sopranistinnen Sonya Yoncheva, Stéphanie d'Oustrac und Kate Lindsey stimmlich und im szenischen Miteinander abliefern, keine Wünsche offen lässt. Yoncheva gibt eine sängerisch wendige, absolut stilsichere und emanzipierte Poppea, der man schon nach einer Sekunde glaubt, dass sie jedes ihrer Ziele erreichen wird. Die französische Sopranistin Stéphanie d'Oustrac als ihre Vorgängerin Ottavia hat da schnell das Nachsehen, auch wenn ihre Stimme glaubhaft von Zorn, Vergeltungswut und Verzweiflung kündet.
Claudio Monteverdi:
"L'incoronazione di Poppea"
Neuinszenierung
Musikalische Leitung: William Christie
Regie, Bühne und Choreografie: Jan Lauwers
Premiere: 12. August
Details zu weiteren Terminen und Vorverkauf finden Sie auf der Homepage der Salzburger Festspiele.
Sendung: "Allegro" am 09. August 2018 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK