Noch ist sie da: Helga Rabl-Stadler, die Langzeit-Präsidentin der Salzburger Festspiele. Am 31. Dezember läuft ihr Vertrag aus, dann wird sie den Stab an ihre Nachfolgerin Kristina Hammer weitergeben. Heute hatte Helga Rabl-Stadler nach 27 Jahren ihre letzte Pressekonferenz – bei der Vorstellung des Programms der Salzburger Festspiele, für das sie noch verantwortlich ist. Vom 18. Juli bis zum 31. August wird es stattfinden. BR-KLASSIK-Mitarbeiter Michael Atzinger hat die Pressekonferenz in der Salzburger Felsenreitschule verfolgt.
Helga Rabl-Stadler stand kurz davor, ein Tränchen zu verdrücken. Denn diese Präsidentschaft ist einmalig: 27 Jahre, sechs Intendanten, zehn Kunstminister und -ministerinnen. Rabl-Stadler war für insgesamt 5.626 Veranstaltungen mitverantwortlich; in diesen Veranstaltungen saßen über sechs Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer. Eine imposante Bilanz, die sie uns da präsentiert hat – und dann hat sie einen besonders schönen Satz gesagt.
Sie merken schon: Ich flüchte mich in Zahlen, damit mich die Rührung nicht übermannt. Oder überfraut.
Der nüchterne Rahmen der Pressekonferenz (als Stream ohne Publikum) hat ihr vermutlich zusätzlich geholfen, nicht die Fassung zu verlieren.
174 Vorstellungen an 17 Spielstätten, dazu 54 Vorstellungen im Jugendprogramm "Jung und jeder" – das sind die Pläne für den Sommer 2022. "Jung und jeder" ist im vergangenen Jahr ausgesprochen gut angenommen worden – da will man weitermachen, das war den Worten der Präsidentin ganz klar zu entnehmen. Ein wichtiger Programmpunkt eines Festivals, das für viele potenzielle Besucher wegen der hohen Ticketpreise unerschwinglich ist. Andererseits deckt Salzburg damit 42 Prozent seiner Kosten – so viel wie kein anderes Festival dieser (oder ähnlicher) Größenordnung. 225.000 Karten sollen aufgelegt werden. Und die Salzburger sind ja bekanntgeworden dafür, dass sie auch in Pandemiezeiten ihre Häuser füllen.
"Sacrificium", "Opfer" – ist das Motto der Ouverture spirituelle, mit der die Festspiele traditionsgemäß beginnen. Gelegenheit, Wolfgang Rihm zum 70. Geburtstag zu gratulieren. Und auch Gelegenheit, in Arthur Honeggers Oratorium "Jeanne d’Arc au bucher", "Johanna auf dem Scheiterhaufen", einen der größten Stars der französischen Schauspielgarde zu erleben: Isabelle Huppert. Eine zweite Hauptrolle in diesem hochdramatischen Musikwerk auf einen Text von Paul Claudel wird der Chor des Bayerischen Rundfunks spielen, einstudiert von Howard Arman.
Und das Thema der vornehmlich weiblichen Opferbereitschaft zieht sich (neben der Bezugnahme auf Dantes "Göttliche Komödie") auch durch das Opernprogramm. Puccinis "Trittico" glänzt mit einem Besetzungscoup: Alle drei weiblichen Hauptrollen wird die litauische Sopranistin Asmik Grigorian singen – unter der Regie von Christof Loy. Den Bartók/Orff-Doppelabend verantwortet inszenatorisch der italienische Bildermagier Romeo Castellucci; und nach seinem Offenbach-Triumph von 2019 kehrt Barrie Kosky als Regisseur der "Katja Kabanova" nach Salzburg zurück.
Neue Wege geht das Schauspiel mit der Verpflichtung junger Bühnenstars (vor allem des Wiener Burgtheaters) – und mit einem "Reigen" nach Arthur Schnitzler, an dem sich zehn Regisseure abarbeiten dürfen. Auf den Domplatz zurückkehren werden für 14 Vorstellungen Verena Altenberger und Lars Eidinger, die umjubelten "Jedermann"-Stars des Sommers 2021. Die Dramatikerin Marieluise Fleißer rückt mit zwei Theaterstücken in den Fokus – und Diana Damrau, Jonas Kaufmann und Christian Gerhaher werden den Fans des Lieds viel Entzücken bereiten.
Sendung: "Leporello" am 10. Dezember 2021 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK