Am Mittwoch (9. Mai 2018) wurde in Cannes Kirill Serebrennikovs Film "Leto" (Sommer) auf der großen Leinwand gezeigt. Ohne den Regisseur, der seit August 2017 in Moskau unter Hausarrest steht. Geholfen hatte auch nicht, dass das Festival sich um eine Ausreise-Genehmigung für Serebrennikov bemüht hatte.
Serebrennikovs Filmteam nutzte die Aufmerksamkeit auf dem roten Teppich für eine Protestaktion: Seine Schauspieler und Crewmitglieder trugen Buttons an ihren Smokings und Abendkleidern, auf denen ein Porträt von Serebrennikow zu sehen war. Am Ende des roten Teppichs bekamen sie ein vorbereitetes Schild mit dem Namen des Regisseurs in die Hände gedrückt. Im Galasaal, wo Bilder vom roten Teppich live übertragen wurden, gab es spontan Applaus.
Mit der Premiere in Cannes erreichte die Angelegenheit jetzt eine weitere Dimension: Das Filmfest erklärte, es habe über das französische Außenministerium bei Putin um die Ausreise Serebrennikows gebeten. Putin habe mitteilen lassen, er hätte Cannes gerne geholfen. "Doch Russlands Justizsystem ist unabhängig", zitierte das Filmfest Putin.
Den Film "Leto" konnte Serebrennikov während des Hausarrests fertigschneiden. Der größte Teil der Dreharbeiten war zum Zeitpunkt seiner Verhaftung bereits abgeschlossen. In "Leto" geht es um die authentische Geschichte einer musikalischen Gegenbewegung im Leningrad Anfang der 1980er Jahre - und den später zur Legende der sowjetischen Rockgeschichte gewordenen Viktor Zoi. Zwar dürfen die Musiker in diesen letzten Jahren der Sowjetunion nicht offen gegen das System auftreten, doch allein ihre langen Haare und die rockige Musik, die sie spielen, sind Provokation und lassen sie als Symphatisanten des Klassenfeinds erscheinen. Nur in schwarz-weiß Bildern und mit einer Mischung aus Rock und Punk fängt "Leto" das Lebensgefühl einer Jugendbewegung ein.