Die Wiener Staatsoper feiert ihr 150-Jähriges Bestehen. Der Prachtbau an der Ringstraße hat viele Geschichten zu erzählen: künstlerische Positionen, persönliche Schicksale, glänzende Premieren, Skandale und politische Wirren haben sich dort abgespielt. Die Staatsoper begeht dieses besondere Jubiläum mit einem Festprogramm. Am Samstag feierte die "Frau ohne Schatten" in einer Neuinszenierung Premiere, am Sonntag, 26. Mai folgt ein prominent besetztes Gratis-Konzert unter freiem Himmel.
Mozarts "Don Giovanni", damals noch "Don Juan", war die erste Oper, die am 25. Mai 1869 am Haus am Ring aufgeführt worden ist. Ein Ereignis, das auch in der Öffentlichkeit mit Spannung verfolgt wurde. Nur wenige Tage vor der feierlichen Eröffnung gab es große Diskussionen, ob man nicht doch eine andere Oper aufführen sollte, "Die Zauberflöte" zum Beispiel. Schon damals zeigte sich also: Die Angelegenheiten der Wiener Oper sind auch immer öffentliche Angelegenheiten.
Die Wiener Staatsoper war das erste Gebäude an der damals neu gebauten Ringstraße. Beim großen Bombenangriff vom 12. März 1945 wurde sie ein Raub der Flammen, eineinhalb Tage lang brannte das symbolträchtige Haus. Nur der Eingangsbereich und der prächtige Teesalon hinter der kaiserlichen Hofloge blieben erhalten. Lange Zeit gab es Diskussionen, ob die Oper wieder ihren ursprünglichen Zustand zurückerhalten sollte oder an einem anderen Ort neu aufgebaut werden soll. Schließlich setzte sich die Idee des Wiederaufbaus durch. 1955 wurden Zuschauerraum, Bühne und die seitlichen Pausenräume neu gestaltet.
Bis heute hat die Wiener Staatsoper nichts an ihrer inneren und äußeren Strahlkraft verloren. 600.000 Besucher kommen jedes Jahr, das macht sie zu einem der weltweit bedeutendsten Kulturbetriebe. Gleichzeitig ist die Wiener Staatsoper das größte Repertoirehaus der Welt: Rund 50 Opern und zusätzlich zehn Ballettprogramme werden in einer Spielzeit umgesetzt, 150 Bühnenbilder stehen bereit. "Alle großen Sänger der Welt kommen gerne in unser Haus," sagt der Direktor der Wiener Staatsoper, Dominique Meyer. "Es ist ja auch wichtig für ihre Karriere." Und auch die Wiener lieben ihre Staatsoper: Die Vorstellungen sind fast jeden Tag ausverkauft.
Es ist jedes Mal ein Erlebnis, wenn sich der Eiserne Vorhang in der Wiener Staatsoper hebt oder senkt: eine massive, aber lautlose Performance. Das Originalmotiv, das eine Szene aus dem Mythos von Orpheus und Eurydike zeigt, ist allerdings seit 21 Jahren nicht mehr zu sehen. Es stammt aus dem Jahr 1955 und wurde von Rudolf Eisenmenger gestaltet, einem Künstler, der NSDAP Mitglied war und von Hitler hochgeschätzt wurde. Seit 21 Jahren ist es Tradition, dass die Besucher jede Spielzeit mit einem neuen Bild auf dem Vorhang belohnt werden. Dabei werden wechselnde Arbeiten zeitgenössischer Künstler mittels Magneten auf dem 60 Tonnen schweren Feuerschutz befestigt.
Das ist der größte Rahmen der Welt für die Kunst.
Die Wiener Staatsoper zählt in ihrer Geschichte 33 Direktoren, darunter Gustav Mahler (1897 - 1907) und Herbert von Karajan (1956 - 1964). Karajan setzte in seiner Amtszeit durch, dass die Stücke in ihrer Originalsprache gesungen werden, was Wien zum Anziehungspunkt für Künstler aus der ganzen Welt machte. Und Gustav Mahler war derjenige, der die Türen schließen ließ, wenn die Vorstellung begonnen hat. Auch neue Beleuchtungstechnik hielt unter seiner Führung Einzug.
Der aktuelle Staatsopernchef Meyer mag die Idee der Oper für Alle – deshalb öffnet die Wiener Staatsoper ihre Tore zum Jubiläum ganz weit und lädt zum Mitfeiern ein: Es gibt Open-Air Events, Ausstellungen und natürlich hochkarätige Gäste. Für die Festpremiere "Die Frau ohne Schatten" von Richard Strauss am 25. Mai übernahm Christian Thielemann die musikalische Leitung, Nina Stemme gab ihr Rollendebüt als die Färberin. Am 26. Mai folgt ein Jubiläumskonzert am Herbert-von-Karajan-Platz. Die Ringstraße wird gesperrt, der öffentliche Raum rund um die Oper wird ab 20.30 Uhr vom Sänger-Ensemble, prominenten Gästen, dem Wiener Staatsballett, dem Staatsopernorchester und weiteren Künstlern bespielt. ORF III und ARTE übertragen das Konzert live.
Sendung: "Piazza" am 25. Mai 2019 ab 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK