Der polnische Dirigent Stanislaw Skrowaczewski ist tot. Er starb am Dienstag im Alter von 93 Jahren in Minnesota. Vor allem als Bruckner-Dirigent machte er sich einen Namen.
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"Es gibt einige Komponisten, die ich wirklich liebe", schwärmte Stanislaw Skrowaczewski: Komponisten wie Beethoven oder Bruckner. Ihre Werke dirigierte der Pole besonders gern. "Bei ihnen spüre ich das wunderbar Metaphysische des Universums. Man ist nicht mehr auf der Erde, sondern irgendwo im Himmel." Und in diesem Himmel war Skrowaczewski oft, wenn er dirigierte.
1923 wurde Skrowaczewski in Lemberg, damals noch Polen, geboren. Die Stadt ist ein kultureller Schmelztiegel und auch der junge Stanislaw kommt sofort mit Musik und Kunst in Berührung, lernt Geige und Klavier, debütiert mit 11 Jahren als Pianist und dirigiert mit 13 zum ersten Mal öffentlich ein Orchester.
Ich muss in meinen Werken etwas haben, wovon ich berührt werde.
Neben der Musik von anderen sind es die Klänge, die er selbst in sich hört, die ihn beschäftigen, antreiben. Skrowaczewski komponiert - oft Orchesterwerke. Und er hat bei aller stilistischen Vielfalt vor allem ein Bedürfnis: "Ich muss eine Schönheit erleben, die ich von großen Komponisten kenne. Das muss keine tonale Schönheit sein, es kann auch eine atonale sein. Ich muss in meinen Werken etwas haben, wovon ich berührt werde und weinen kann - so wie bei Beethoven, Bruckner, Mozart oder Berg."
Was Skrowaczewski interessierte, waren die großen Orchester der Welt und ihr Repertoire. Er wird 1946 Chefdirigent der Breslauer Philharmonie. Es folgen rasch dieselben Positionen in Warschau, Kattowitz und Krakau. 1956 gewinnt der Pole den Santa Cecilia Wettbewerb, der ihm auch die internationalen Tore weit aufstößt. Als Musikdirektor des Minneapolis Symphony Orchestra prägt er von 1960 bis 1979 das amerikanische Musikleben. In den 80er Jahren kommt Skrowaczewski nach Europa zurück und wird Chef des britischen Hallé Orchestra. In Deutschland sind es vor allem das Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken und die Deutsche Radio Philharmonie, mit denen der Dirigent enge und intensive künstlerische Bande knüpft. Gastauftritte führen ihn weiter in die internationale Musikwelt, auch zum Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks.
Die große Orchesterliteratur steht für den polnischen Maestro im Fokus: Beethoven, Schumann, Brahms, Schostakowitsch - und immer wieder Bruckner. Seine erste Begegnung mit Bruckner erlebte Skrowaczewski sehr früh. "Als ich sechs Jahre alt war, habe ich zum ersten Mal eine Musik gehört", erinnerte sich der Maestro später. "Ich hatte Fieber, und es war die siebte Symphonie von Bruckner. Ich wusste nicht, dass das Bruckner ist. Ich kannte diese Musik nicht und habe sie durch das offene Fenster von der Straße gehört im Sommer. Das hat mich total verändert."
Es geht unserer Kultur nicht gut.
Offen für Neues, fasziniert und gefesselt, das blieb der polnische Dirigent Stanislaw Skrowaczewski bis ins hohe Alter. Aufmerksam formte und beobachtete er den Musikbetrieb, nicht immer nur mit guten Gefühlen, sondern auch mit Sorgen und Ängsten: "Es geht unserer Kultur nicht gut. Ich glaube, wenn es so weitergeht, wird man wahrscheinlich die große Kunst nicht mehr nutzen", gab Skrowaczewski zu Bedenken. "Man sollte nicht unbedingt Musik studieren, aber doch die Geschichte hinter der Kunst studieren: Wissen."
BR-KLASSIK widmet dem großen Dirigenten die Sendung "KlassikStars" am Mittwoch, dem 22. Februar um 18.05 Uhr.