Höllentrip oder Himmelfahrt in der Hamburgischen Staatsoper? In Robert Schumanns selten gespielten Szenenfolge zum Goethe-Klassiker "Faust" geht es um die Seele eines großen Sünders und Zweiflers. Achim Freyer, für Regie und Ausstattung zuständig, hatte nichts Geringeres als ein Gesamtkunstwerk im Sinn. Das ging nicht für alle auf und hinterließ im Publikum eher gemischte Gefühle.
Dunkel ist die Welt, in die uns der Regisseur und Bühnenbildner entführt. Da sehen wir einer schleppenden Choreografie von grün geschminkten Dunkelmännern in schwarzen Kapuzenpullis zu, die sehr Symbol-lastige Dinge auf die Bühne tragen: eine blaue Blume, eine Blechtrommel, ein Holzkreuz. Bedeutungsschwanger ist gar kein Ausdruck. Faust ringt die Hände wie ein mittelmäßiger Stummfilmstar. Er steht da als Doppelgänger des berühmten Wanderers über dem Nebelmeer von Caspar David Friedrich. Wolken wabern auf Video: eine Welt im Umbruch.
Der Chor der Staatsoper ist brillant. Kent Nagano lenkt sein Orchester ein bisschen zu sehr in romantisch-gründelndes Fahrwasser. Dennoch: Es schwingt und raunt. Ansonsten sind Achim Freyers Bilder unfassbar zäh: Er lässt die Sänger vor einem durchsichtigen Stoff agieren wie Untote – dahinter sitzen Chor und Orchester. Dunkel, abstrakt und leider ohne einen Hauch Ironie.
Marthe, Sorge, Seliger Knabe, Magna Peccatrix: Narea Son
Gretchen, Not, Seliger Knabe, Una Poenitentium: Christina Gansch
Faust, Pater Seraphicus, Dr. Marianus: Christian Gerhaher
Mephisto, Pater profundo, Böser Geist, Bass-Soli: Franz-Josef Selig
u. a.
Hamburger Alsterspatzen
Chor der Hamburgischen Staatsoper
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Musikalische Leitung: Kent Nagano
Inszenierung, Bühne, Kostüm- und Lichtkonzept: Achim Freyer
Weitere Informationen und Termine auf der Homepage der Staatsoper Hamburg
Sendung: "Allegro" am 30. Oktober 2018 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK