Hausmusik – des einen Freud, des anderen Leid. Besonders unter Nachbarn kann sie zu Konflikten führen. Doch was ist rechtlich eigentlich erlaubt? Darf Hausmusik verboten werden, nur weil sich der Nachbar gestört fühlt? Wer zu Hause musizieren will, muss einiges beachten. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Laienmusizieren oder um Profis handelt.
Wenn Hubert Gruber mit zwei Freunden in einem Wirtshaus in Landshut spielen will, dann muss natürlich vorher geprobt werden. Dann steht erst mal gemeinsame Hausmusik an. "Wir probieren uns einfach aus", sagt Gruber, musiziert werde daheim völlig zwanglos. Da er in einem eigenen Haus lebt, ist das für ihn kein Problem. Mit seinen Nachbarn hat es noch nie Diskussionen gegeben, erzählt er, im Gegenteil. Die Nachbarn hätten ihn eher nach einigen Tagen angesprochen und gelobt: "Ach, ich hab gehört, Sie haben wieder musiziert. Das war sehr schön und machen Sie‘s doch ruhig öfter."
Aber das ist längst nicht bei allen so. Auch August Huth macht in seiner Freizeit viel Hausmusik. Wie Hubert Gruber wohnt er in einem freistehenden Haus und kann so ungestört Musik machen. Eine Bekannte von ihm hat allerdings weniger Glück, erzählt er. Denn sie ist umgezogen, wohnt nun in einer Mietwohnung. "Da kann sie praktisch nicht mehr Oboe spielen, weil das zu Anfeindungen führt."
Solche Anfeindungen gibt es häufig. Auch Regelungen in Mietshäusern sind nicht selten. Mal ist das Musizieren vollständig verboten, mal auf ganz bestimmte Zeiten beschränkt. Aber sind solche Verbote rechtlich überhaupt erlaubt? Nicht unbedingt, sagt der Bundesgerichtshof in Karlsruhe. 2018 hat er dazu eine wichtige Entscheidung gefällt. Im Urteilsspruch heißt es: "Das Spielen eines Instruments muss in den eigenen vier Wänden grundsätzlich möglich sein und ist daher von den Nachbarn in gewissen Grenzen hinzunehmen. Einen Anspruch auf völlige Stille gibt es nicht."
Dem gegenüber steht allerdings das Recht der Nachbarn auf Entspannung und Erholung. Beides muss gegeneinander abgewogen werden. Deshalb gibt der Bundesgerichtshof Leitlinien vor. Wann und wie lange musiziert werden darf, richtet sich demnach nach den Umständen des Einzelfalls. Eine Beschränkung auf zwei bis drei Stunden an Werktagen und ein bis zwei Stunden an Sonn- und Feiertagen kann dabei als grober Richtwert dienen.
Je nach Art der Musik und den Räumen vor Ort können diese Zeiten aber auch anders ausfallen. Festgeschrieben ist das jedoch nicht. Nicht entscheidend ist auch, ob es sich um Laien oder professionelle Musiker handelt. Auch Unterrichten ist in gewissem Maße erlaubt. Dabei gilt immer: Zur Mittags- und Nachtruhe heißt es: Schweigen. Das betrifft auch Hubert Gruber, denn obwohl er in einem eigenen Haus wohnt und nicht in einer Mietswohnung: Ein lautes Instrument ist ein lautes Instrument. Wenn er nach 22 Uhr zum Dudelsack greife, dann gehe das auch seiner Frau zu weit, erzählt Gruber.
Dudelsack, Schlagzeug und Trompete: Laute Instrumente gehen also vielleicht nur ein bis zwei Stunden am Tag, Cello möglicherweise drei und alles, was Zimmerlautstärke ist, das darf theoretisch sogar auch um vier Uhr nachts gespielt werden. Eine einheitliche Regelung hierfür gibt es aber nicht und kann nur von Fall zu Fall entschieden werden. Die beste Lösung ist wohl nach wie vor: mit den Nachbarn zu reden.
Sendung: "Allegro" am 22. November 2021 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK