Sie ist ein Musentempel, ein magischer Ort, an dem große Kunst gemacht wird, noch größere Diven auftreten, aber auch Karrieren beginnen: die Pariser Oper. Regisseur Jean-Stéphane Bron lässt uns auf die Bühne und hinter die Kulissen blicken. Für seinen Film "L'Opéra de Paris" hat er während der Herbstsaison 2015 gedreht.
Der Dirigent wird von der Inspizientin zum richtigen Zeitpunkt an sein Pult geschickt, um den Applaus des Publikums entgegen zu nehmen. Die Aufführung beginnt. Ballett-Tänzerinnen hüpfen im Takt. Hinter der Bühne warten die Kollegen auf ihren Einsatz. Die Oper als ein riesiger, unübersichtlicher lebendiger Organismus. Eine Putzfrau saugt am nächsten Tag durch die Stuhlreihen des leeren Zuschauerraums. Im Ballett-Bereich wird vor den Spiegeln geübt. Eine Kostümbildnerin fährt einen Wagen mit Perücken durch die Gänge. Ein junger Sänger wird eingekleidet.
Der Dokumentarfilmer Jean-Stephane Bron interessiert sich für solche Vorgänge, für logistische Herausforderungen und strukturelle Konzepte innerhalb des wilden Ameisenhaufens eines Opernbetriebes. Von außen mag der wuselig und chaotisch wirken, im Inneren ist er aber klar und hierarchisch organisiert. Es gibt feste Abläufe und Vorgaben.
Er sei noch nie vorher in der Oper gewesen, erklärt Jean-Stephane Bron im Interview, er habe sich auch noch nie Opern angehört, aber für den Film habe das keine Rolle gespielt. Interessant seien für ihn andere Dinge gewesen - einfach die prinzipielle Frage, wie eine solche Institution funktioniere. Wer sich also für die Opern selbst interessiert, ist falsch in diesem Film. Es gibt keine schönen Arien - und auch keine längeren Ausschnitte aus Aufführungen.
Die Oper als bombastische Traummaschine. Der faszinierende Film ist voller Details, manchmal verliert man den Überblick, tapst wie verirrt durch das Haus, orientiert sich neu, schaut jemandem beim Proben oder Verhandeln zu, mal geht es um Kunst, dann um Sponsoren. Neugierige Blicke und überwältigende Momente - ein Film wie ein auf zwei Kino-Stunden komprimiertes Praktikum bei der Opéra de Paris.