BR-KLASSIK

Dr. Thomas Medicus arbeitete u. a. als Feuilletonredakteur beim Tagesspiegel in Berlin und ist heute freier Autor. Er ist Herausgeber eines Bandes über die Herrschaft des Nationalsozialismus in seiner Heimatstadt Gunzenhausen: "Verhängnisvoller Wandel, Ansichten aus der Provinz 1933–1949" (2016).
"Natürlich ist auch dort in dieser Region wie im übrigen Deutschland im 19. Jahrhundert der Antisemitismus virulent gewesen. Wenn man sich die Zeit von 1918/19 bis 1933 anschaut – und das ist in diesem Zusammenhang wirklich die entscheidende Zeit –, dann muss man davon sprechen, dass sich Gunzenhausen bereits in den 20er Jahren, also bereits in der Weimarer Republik zu einer braunen Hochburg entwickelt hat. Dafür gab es wiederum mehrere Gründe: Zum einen war es so, dass Julius Streicher in Nürnberg residierte und daher eine autoritäre, aggressiv-antisemitische Führergestalt bereits nach dem Ende des Ersten Weltkriegs in dieser Region vorhanden gewesen ist. Er war Anführer verschiedener rechtsextremer, nationalistischer, rassistischer und antisemitischer Gruppierungen, die er dann sehr früh schon der NSDAP angeschlossen hat." Thomas Medicus