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Kritik - "Parsifal" bei den Bayreuther Festspielen Klischees aus der Mottenkiste

Im letzten Jahr war Uwe Eric Laufenbergs "Parsifal"-Neuinszenierung verrissen worden. Im Gegenzug hatte Laufenberg seine Kritiker öffentlich als "Schnellvernichter" gebrandmarkt. Doch auch im zweiten Jahr gibt es für die Inszenierung kein Lob - wohl aber für Dirigent Hartmut Haenchen sowie für Klingsor Derek Welton und Gurnemanz Georg Zeppenfeld.

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Um Erbarmen fleht Ryan McKinny mit orgelndem Bass. Als Amfortas trägt der muskulöse Sänger bei der Gralsenthüllung nichts außer einem Lendenschurz und einer Dornenkrone. Kein Erbarmen hingegen verdient die Bayreuther "Parsifal"-Inszenierung von Uwe Eric Laufenberg. Er verortet Wagners Erlösungsdrama an einem Kriegsschauplatz irgendwo im Nahen Osten. Gisbert Jäkel hat ihm dafür als Einheitsraum ein zerbombtes Kirchenschiff gebaut, in dem sich Flüchtlinge, Soldaten und Mönche tummeln. Im zweiten Aufzug flirten Klingsors Zaubermädchen mit dem kriegsmüden Parsifal in einem türkischen Hammam, erst als tief verschleierte Klageweiber, dann als orientalische Bauchtänzerinnen.

Die Inszenierung in Bildern

2. Aufzug Ryan McKinny (Amfortas), Elena Pankratova (Kundry), Derek Welton (Klingsor) | Bildquelle: © Bayreuther Festspiele /Enrico Nawrath Doch der von Laufenberg intendierte Clash der Kulturen zwischen Christentum und Islam bleibt an der Oberfläche, Klischee und pure Behauptung. Schließlich nutzte Wagner das religiöse Brimborium im "Parsifal" nur zur Erörterung tiefer liegender Probleme. Den ganzen Abend über lässt Laufenberg aufdringlich mit religiösen Symbolen hantieren, vor allem mit dem Christus-Kreuz. Am Ende versackt sein Passionsspiel in einer Kitschorgie mit nackten Jungfrauen im Paradiesgärtlein, mit Multikulti und Weltfriedens-Vision. Ein Bayreuther Betriebsunfall, diese kunstgewerbliche Inszenierung, die man rasch in der Mottenkiste verschwinden lassen sollte.

Weniger wäre mehr

Nach dem Kuss der Erkenntnis von Kundry wird der Titelheld plötzlich zum Mann und schreit seinen Schmerz heraus. Der neue Parsifal des Andreas Schager geht hier an seine Grenzen. Weniger wäre mehr, vielleicht reift in Andreas Schager, wenn der Premierendruck weg ist, die Erkenntnis, dass man auf der Bayreuther Bühne gar nicht so laut singen muss. Unter einem gewissen Überdruck leidet auch die Interpretation der Kundry durch Elena Pankratova, die - mehr Matrone als Verführerin - ihr üppiges Material facettenreich einzusetzen versteht.

Ein glaubwürdiges Trio: Haenchen, Welton, Zeppenfeld

1. Akt Georg Zeppenfeld (Gurnemanz), Knappen | Bildquelle: © Bayreuther Festspiele /Enrico Nawrath Dirigent Hartmut Haenchen bietet im zweiten Jahr dieser Produktion eine sorgfältig ausgearbeitete, textkritische "Parsifal"-Lesart, flüssig im Duktus, kristallklar im Klang und trennscharf in den Registern. Mit heiliger Nüchternheit treibt Haenchen Wagners Bühnenweihfestspiel alle Weihe aus; besonders schön gelingen ihm die kammermusikalischen Momente im dritten Aufzug. Fließend, weich und sängerfreundlich klingt der späte Wagner bei Haenchen, allein es fehlen markante Höhepunkte. Und das liegt ganz sicher nicht am prachtvollen Festspielchor. Aus dem Ensemble ragt der neue Klingsor des stimmgewaltigen Derek Welton, der für den im Januar überraschend verstorbenen Gerd Grochowski nachgerückt ist. Aber alle anderen überragt einmal mehr der unvergleichliche Georg Zeppenfeld, der die Riesenpartie des Gurnemanz mit balsamischer Bassesfülle und vorbildlicher Textausdeutung gestaltet. Mit welcher Natürlichkeit, Glaubwürdigkeit und Intensität dieser uneitle Sänger seine Rolle zum Leben erweckt, das hat wirklich Festspiel-Format.

"Parsifal" bei den Bayreuther Festspielen

Musikalische Leitung: Hartmut Haenchen
Regie: Uwe Eric Laufenberg

Amfortas: Ryan McKinny
Titurel: Günther Groissböck
Gurnemanz: Georg Zeppenfeld
Parsifal: Andreas Schager
Klingsor: Derek Welton / Werner Van Mechelen (14.8)
Kundry: Elena Pankratova

Infos zu Terminen und Vorverkauf finden Sie auf der Homepage der Bayreuther Festspiele

Der Opernführer für Eilige - "Parsifal" [Video]

Sendung: Leporello, 28. Juli 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK