Plácido Domingo ist der erste Sänger, der bei den Bayreuther Festspielen auch als Dirigent auftritt. Doch weder Domingo selbst noch die Festspielleitung haben sich mit diesem "Walküren"-Dirigat einen Gefallen getan. Robert Jungwirth hat die Wagner-Oper am Dienstag im Bayreuther Festspielhaus miterlebt.
Your browser doesn’t support HTML5 audio
Die sängerfreundliche Akustik von Bayreuth kennt Plácido Domingo bereits, seit er hier 1992 den Parsifal und im Jahr 2000 den Siegmund in der "Walküre" gesungen hat, damals mit Waltraut Meier als Sieglinde. Die dirigentenunfreundliche Akustik des Hauses hat der Nebenerwerbsdirigent nun ebenfalls kennengelernt, was ein Novum in der Geschichte der Bayreuther Festspiele darstellt. Denn Domingo ist der erste Sänger, der hier auch als Dirigent auftritt.
Dabei kommt Domingo leider weder mit den Tücken des verdeckten Grabens noch mit der Partitur der "Walküre" überzeugend zurecht. Am Ende gibt es sogar zahlreiche Buhs für den großen Sänger. Domingo lässt das Orchester vor allem im ersten Akt sehr defensiv klingen, präferiert langsame, sängerunfreundliche Tempi, die es Stephen Gould als Siegmund hörbar schwer machen, in die Partie zu finden.
Akzente im Orchester setzt Domingo so gut wie keine. Wenn das Orchester aus dem Schatten der Sängerbegleitung tritt und quasi solistisch agiert, erhöht Domingo oft nicht einmal die Lautstärke, wie am Ende des ersten Akts. Das ist schon einigermaßen verstörend und selbst der Walkürenritt klingt wie ein harmloser Reigen. Nein, weder Domingo selbst noch die Festspielleitung haben sich mit diesem "Walküren"-Dirigat bei den Bayreuther Festspielen einen Gefallen getan und man versteht diese Entscheidung auch nicht wirklich.
Erneut sind für diese Wiederaufnahme eine ganze Reihe neuer Sängerinnen und Sänger engagiert worden, die sich aber bemerkenswert gut in Castorfs spielfreudige Regie fügen. Allen voran Stephen Gould, der in diesem Jahr auch wieder als Tristan in Bayreuth zu hören ist – was für eine enorme Leistung. Sein Siegmund gewinnt nach anfänglichen Schwierigkeiten an Strahlkraft und Sicherheit und beeindruckt ebenso wie die starke, aber doch auch lyrische Sieglinde von Anja Kampe. Tobias Kehrer, ebenfalls neu besetzt als Hunding, bot ein gesanglich und darstellerisch stimmiges Rollenporträt, Marina Prudenskaya eine stimmlich präsente Fricka.