Paris, 9. Dezember 1832: Zu den Klängen der "Symphonie fantastique" trafen im Konzertsaal des Pariser Konservatoriums zwei Menschen aufeinander, die sich bisher noch nie begegnet waren und doch füreinander bestimmt zu sein schienen. Ein Mann und eine Frau, deren gegenseitige Gefühle der Öffentlichkeit bekannt waren, und die sich trotzdem noch nie in die Augen geschaut hatten.
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Da war auf der einen Seite die englische Tragödin Harriet Smithson und auf der anderen Hector Berlioz, der ungestüme Komponist, welcher der Angebeteten eines der berühmtesten Werke der Romantik zu Füßen gelegt hatte.
"Die Symphonie fängt an und bringt die zündende Wirkung hervor. Dieser Erfolg, der leidenschaftliche Zug des Werkes, seine glühenden Melodien, seine Ausrufe der Liebe, seine Ausbrüche der Wut, mussten auf ihre seelische Verfassung und poetische Fantasie einen tiefen Eindruck machen", beschreibt Berlioz den magischen Moment, in dem zwei Seelen endlich zueinander fanden.
Hector Berlioz hatte Harriet Smithson zum ersten Mal am 11. September 1827 gesehen - und somit fünf Jahre vor dem Konservatoriums-Konzert. Die Schauspielerin stand als Shakespeares Ophelia auf der Theaterbühne. Ein unscheinbarer Student im Publikum entbrannte für die gefeierte Engländerin. Wie im Fieberwahn komponierte er ein emotional aufgeputschtes Werk. Plötzlich war der Name Berlioz in aller Munde.
Die Love-Story von Hector und Harriet ist eines der großen Melodramen der Musikgeschichte, voll von überwältigenden Gefühlen, Schicksalsfügungen, Tragik und Romantik. Denn das Konzert vom 9. Dezember 1832 hatte Folgen. Ein halbes Jahr später treten die beiden Verliebten vor den Standesbeamten. Die Ehe erfüllt ihre zarten Versprechungen jedoch nicht. Harriet Smithson wird die Vergänglichkeit von Schönheit und Ruhm nicht verkraften und flüchtet sich in den Alkohol. Ihr Gatte stürzt sich in Affären. Das einzige Kind der beiden - ein Sohn - fährt zur See und stirbt in Havanna an Gelbfieber.