Eigentlich bedient die 2001 geborene Billie Eilish perfekt das Bild des missverstandenen, dauergenervten und dauerprovozierenden Teenagers. Das ist aber längst nicht alles - für den neuen Bond-Song ist sie eine perfekte Besetzung, meint Antonia Goldhammer.
Samt gefärbten Haaren, spitzen Krallen und schlabbernden Designer-Klamotten ist Billie Eilish längst eine verdammt interessante Künstlerin. Sie und ihr Bruder Finneas O'Connell begannen vor ein paar Jahren düstere, hervorragend produzierte Sounds mit wummernden Bässen, elektronischen Effekten und smarten Texten zu liefern. Das alles produzieren sie im Kinderzimmer des gemeinsamen Elternhauses, zunächst mit einfachsten Mitteln.
Heraus kommt Musik, die man hört, wenn man sich missverstanden von den Eltern, sitzengelassen vom Freund und gedisst von der BFF schmollend im Schrank versteckt. Ein Popstar mit Anti-Popstar-Image: Wo andere das nette, jungfräuliche, aber doch verdammt sexy All-American-Girl mimen, gibt sich Eilish als ungeschminkten, in weiten Klamotten versinkenden "make-your-Mama-sad"-Typ.
Sie ist die jüngste Interpretin die je einen Bond-Song sang - und er klingt genauso, wie man sich einen Billie Eilish Bond-Song vorstellt: die Stimme hauchig, irgendwo zwischen depressiv und lasziv, schwebt sie über den klassischen James-Bond-Harmonien. Hans Zimmer orchestriert alles gewohnt wuchtig und feierlich, wie es sich für einen Bond-Song gehört.
Auch hier könnte man diagnostizieren, der Bond-Song sei ein Spiegel seiner Zeit: Der alte Bond als toxisch-maskuliner Actionheld hat ausgedient, der jetzige Bond ist nachdenklich, manchmal sogar überfordert von den Problemem der Welt, die Frauen um ihn herum sind keine willenlosen Objekte mehr. Eine bessere Besetzung als Billie Eilish könnte es da für den Titelsong kaum geben: eine betont nicht körperbetont auftretende, erwartungsverweigernde, vegan lebende Vertreterin der Generation Z.