Ein Dirigent bricht mitten im Konzert ab. Schuld daran sind laute Nörgler im Publikum, denen Franz Liszts Musik offentsichtlich nicht passt. Dirigent Hans von Bülow reagiert impulsiv und wirft die Störenfriede einfach aus dem Saal – und das im Beisein des preußischen Prinzenpaares. Ein Eklat!
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Franz Liszt ist in Deutschland nicht überall Everybody's Darling. Als (noch) Freund von Wagner hat er haufenweise Feinde. Als einer, der in Österreich-Ungarn geboren wurde, hat er gefälligst nicht mit der Neudeutschen Schule zu sympathisieren. Also mit jener Musik, bei der "der Lärm der Instrumente die eigentlichen Gedanken übertönt!"
Wer trotzdem fest an Liszt und dessen Zukunftsmusik glaubt, ist der Dirigent Hans von Bülow. Er leitet Liszts Symphonische Dichtung "Die Ideale" in der Berliner Singakademie, am 14. Januar 1859. Sagen wir mal, er beginnt damit, bis ihn ein unzufriedenes Zischen, ein freches Aufmucken im Publikum wütend macht. "Ein Umstand, durch den sich Hans von Bülow zu überraschenden undiplomatischen Expectorationen hinreißen ließ", heißt es in der Neuen Berliner Musikzeitung.
Ein Umstand, durch den sich Hans von Bülow zu überraschenden undiplomatischen Expectorationen hinreißen ließ!
Und wozu genau ließ sich der Dirigent hinreißen? Hans von Bülow stoppt das Orchester. Er dreht sich um und fordert die Nörgler im Publikum lautstark dazu auf, den Saal zu verlassen. Was für ein Affront! Das gab's noch nie. Und dann auch noch in Anwesenheit des preußischen Prinzenpaares!
Hans von Bülow ist nach diesem Auftritt tatsächlich ein wenig verunsichert. Doch ein Freund tröstet ihn: "Wie sehr man auch Ihr Verhalten tadeln mag, wird es Ihnen später sicher zur Ehre gereichen, da Sie vollkommene Schicklichkeit gewahrt haben, indem Sie die Unschicklichkeit der anderen unterbanden!"
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