Eine schwarze Gestalt tänzelt über die Bühne. Ein wandelndes Gerippe, das Gesicht totenbleich, funkelnde Augen, lange zottelige Haare und unter dem Kinn eine Geige: Niccolò Paganini. Es ist das dritte Konzert, das der berüchtigte Teufelsgeiger in Frankfurt am Main gibt. Die Menge tobt und jubelt ihm zu - und das am heiligen Ostersonntag.
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Im Publikum sitzt ein junger, blasser Jurastudent: Robert Schumann. Der 19-Jährige ist extra für das Konzert aus Heidelberg angereist und ist beeindruckt von Paganinis magischer Erscheinung: "Wie er nun locker, kaum sichtbar seine Magnetketten in die Massen warf, so schwankten diese herüber und hinüber. Nun wurden die Ringe wunderbarer, verschlungener; die Menschen drängten sich enger; nun schnürte er immer fester an, bis sie nach und nach wie zu einem einzigen zusammenschmolzen", berichtet Robert Schumann.
Wie Paganini in rasendem Tempo Tonleitern das Griffbrett rauf und runter jagt, flötende Flageoletttöne zaubert, und die gleich im Doppelpack oder mitten im Spiel drei Saiten zerreißt und auf einer einzigen weitergeigt. Vieles davon mag Effekthascherei sein, trotzdem steht für Schumann fest:
Paganini ist der Wendepunkt der Virtuosität.
Auch für den jungen Studenten soll dieser Konzertabend zum Wendepunkt im Leben werden. Schumann hängt endlich das ungeliebte Jurastudium an den Nagel und widmet sich ganz der Musik. Wie ein Besessener übt er nun viele Stunden am Tag. Schumann will Pianist werden, ein Virtuose wie Paganini. Doch sein schwacher Ringfinger hält der Belastung nicht stand. Durch das verbissene Training ruiniert Schumann sich den Finger - endgültig. Der Traum von der Pianistenkarriere zerplatzt. Ein harter Schlag. Was Schumann nun nicht mehr auf die Tasten bringen kann, versucht er als Komponist zu erreichen. Und auch Paganini setzt er damit das ein oder andere Denkmal.
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