"Es gab wiederholten Applaus bei offener Szene und am Schluss sogar 23 Vorhänge – fünf Vorhänge hält man in der Frankfurter Oper schon für einen Erfolg!" Der Komponist Kurt Weill ist glücklich über den Erfolg seiner Premiere "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny". Für gewöhnlich ist das Frankfurter Publikum als besonders altmodisch verschrien. Doch das Glück währt nicht lange.
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Bei der zweiten Vorstellung von Kurt Weills "Mahagonny" kommt es zu Krawallen. Während der ersten Pause stürmen 150 Nationalsozialisten ins Foyer der Oper. Ihr Gejohle und Gepfeife hallt durch das Haus. Auf dem Vorplatz wird "Deutschland erwache" gegrölt. Nur mit Mühe kann die Frankfurter Polizei für Ruhe sorgen und der zweite Akt beginnt.
Auf der Bühne rast ein Hurrikan auf die fiktive amerikanische Stadt Mahagonny zu, auf jene Stadt, in der Saufen und Hurerei legitim sind. Kenner sind begeistert von Weills raffiniert eingearbeiteten musikalischen Zitaten: von Bach über Berliner Schlager bis zu Wagners Tristanakkord. Süffisant, böse und mitunter schmutzig sind die Texte zu diesem modernen "Sodom und Gomorra", geschrieben von Bertolt Brecht.
Über das Publikum im Parkett ergoss sich ein wahrer Hagel von Stinkbomben.
Noch wehrt sich Kurt Weill öffentlich: "Es zeigt sich hier, welche Leute – Schlächter und Eisenbahndiebe – von jetzt an in Deutschland über das Schicksal von Kunstwerken entscheiden sollen. Die demokratische Presse sieht zu, aber nimmt nicht Stellung dazu!" Im März 1933 verlässt Kurt Weill bei Nacht und Nebel Deutschland.
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