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Kritik - "Salome" in Salzburg Kopflos glücklich

Asmik Grigorian war die Entdeckung der Salzburger Festspiele im vergangenen Jahr. Als Salome wurde die litauische Sopranistin von allen Seiten gefeiert. Für drei Vorstellungen singt Grigorian nun nochmal die Prinzessin. Und bezaubert wieder das Publikum.

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Nicht Felsenreitschule, Felsengefängnis müsste dieser Raum heißen. Die Arkaden des berühmten Saales sind zubetoniert, eine Wand aus nacktem Stein umschließt die golden spiegelnde Bühne, fahl leuchtet der Mond darauf. Das ist die bedrückende Szenerie, die Regisseur Romeo Castellucci für seine Salzburger Salome im vergangenen Jahr entworfen hat. Nach den Festspielen 2018 war man sich einig: Salome war die Premiere des Jahres, Asmik Grigorian darin Hauptrolle des Jahres – so sprach alles dafür, Salome in diesem Jahr wiederaufzunehmen.  

Die Inszenierung in Bildern

Asmik Grigorian – sängerisch und schauspielerisch überzeugend

Vor ein paar Wochen sagte Grigorian im Interview mit BR-KLASSIK, sie habe Angst, den Erfolg nicht wiederholen zu können – nach der Premiere der Wiederaufnahme ist klar, dass diese Sorge vollkommen unbegründet war. Denn Grigorian singt fantastisch, ihr Sopran strahlt hell und kräftig in der Höhe, in der Tiefe klingt sie herrlich fies – die schwierige Partie wirkt vollkommen natürlich für sie. Auch schauspielerisch geht sie ganz in der Salome auf: Sie spielt die Prinzessin zwischen Mädchen und Frau; jubelt wie ein Kind, flirtet etwas ungeschickt, kann auch eiskalt sein. Das reine Weiß ihres Kleides wird nur durch einen Blutfleck im Schritt gestört.  

Pferdefetischismus in der Felsenreitschule

Bildquelle: © Salzburger Festspiele / Ruth Walz Es ist eine Inszenierung, die nicht mit Symbolen spart, im Gegenteil. So schütten Diener weiße Flüssigkeit auf die Bühne, ein riesiger schwarzer Schleier flattert in einer Ecke, Plastiksäcke mit zuckenden, buntgefärbten Leichen werden von links nach rechts geschleift. Und Salome setzt sich selbst einen Sattel auf. Beim Pferdefetischismus hat Castellucci die Felsenreitschule etwas zu wörtlich genommen, das wird spätestens klar, als für ein paar Minuten ein echtes Pferd aus der Unterbühne auftaucht. Später kehrt ein abgeschlagener Pferdekopf zurück.

Castelluccis starke Symbolik

Die meisten Bilder Castelluccis sind aber stark. Seine Symbolik verkehrt besonders gern die Vorlage von Oscar Wilde und Richard Strauss ins Gegenteil: Statt eines Kopfes in der Silberschale bekommt Salome den kopflosen Körper des Propheten, küsst dann Luft statt Lippen. Statt eines Schleiertanzes wird die Prinzessin halbnackt festgezurrt, Männerhände weichen von ihr zurück und ein Stein zermalmt sie langsam. Das ist bedrückend, auch weil so klar wird, dass Salome kein Monster ist – sondern ihre Welt sie dazu gemacht hat.

Musikalische Spannung bis zum Schluss

Wenn auch Grigorian alle überstrahlt, ist dennoch auch die übrige Solistenriege gut besetzt, besonders Julian Prégardiens Narraboth ist betörend sanft und sehnsuchtsvoll. Schade nur, dass der schwarzbemalte Jochanaan von Gábor Bretz anfangs so weit aus der Ferne singt, dass die Balance zum Orchester nicht mehr stimmt. Denn ansonsten spielt hier ein Salome-Orchester, wie man es nur selten hört: Franz Welser-Möst lässt die Wiener Philharmoniker mit fein abgestimmten Dynamiken spielen, er macht die Klangvielfalt von Strauss‘ Partitur erlebbar und steigert die Spannung bis zum Schluss. Beim Applaus umarmt Asmik Grigorian Franz Welser-Möst lang und innig – hier haben die Richtigen zusammengefunden.

Salome bei den Salzburger Festspielen 2019

Weitere Informationen zur Aufführung finden Sie auf der Website der Salzburger Festspiele.

Sendung: "Allegro" am 26. August 2019 ab 06:05 Uhr in BR-KLASSIK