BR-KLASSIK

Inhalt

Buch - "Das Geheimnis liegt in der Stille" Gespräche mit Riccardo Chailly

Riccardo Chailly zählt zu den gefragtesten Opern- und Konzertdirigenten weltweit. Seit Januar 2015 ist er Daniel Barenboims Nachfolger an der Mailänder Scala. Nun erscheint ein Buch, das Gespräche über Musik mit ihm enthält.

Buchcover "Das Geheimnis liegt in der Stille" | Bildquelle: Bärenreiter/Henschel Verlag

Bildquelle: Bärenreiter/Henschel Verlag

1953 als Sohn eines Komponisten in Mailand geboren, ist die Karriere des Dirigenten Riccardo Chailly bis heute eng mit dem berühmtesten Opernhaus Italiens verbunden: der Scala. Hier begann Chailly seine Laufbahn als Assistent von Claudio Abbado und hierher kehrte er im Januar 2015 als musikalischer Chef zurück. Obgleich Riccardo Chailly seit Jahrzehnten einer der weltweit renommiertesten Dirigenten ist, ist er bis heute ein eher skrupulöser Musiker geblieben. Er nimmt sich viel Zeit, um sich mit den Werken und ihren jeweiligen musikalischen Kosmen zu beschäftigen, bevor er sie aufs Programm eines seiner Konzerte setzt. Die Verantwortung dem Werk, dem Komponisten und auch dem Publikum gegenüber spricht aus fast allem, was Chailly über Musik erzählt. Dabei ist es gleich ob es sich um Bachs "Matthäuspassion" oder Edgard Varèses Orchesterwerk "Amériques" von 1927 handelt.

Im Gespräch mit Michael Horst beschreibt der Dirigent offen und ohne Dünkelhaftigkeit die Prozesse der Annäherung an Komponisten und Werke, ihre Besonderheiten, Verbindendes und Trennendes. Und er gesteht freimütig ein, dass er wohl noch ein paar Jahre brauchen werde, um sich den Symphonien Schostakowitschs im Konzert zu widmen – es gebe ja auch Kollegen, die den Russen ganz hervorragend aufführten. Das ist eher ungewöhnlich, in einem Buch über einen Dirigenten, die freimütige Würdigung von Kollegen zu lesen, angefangen mit Claudio Abbado, dessen Assistent Chailly mit zarten 19 Jahren wurde.

"Abbado hat mir gegenüber immer eine unglaubliche Geduld und Großzügigkeit an den Tag gelegt. Claudios Künstlerzimmer stand immer offen für alle. Darin zeigte sich seine menschliche Größe als Lehrer." (Riccardo Chailly)

Man könnte meinen, dass dem Sohn des ehemaligen künstlerischen Direktors der Mailänder Scala der Weg als Profimusiker mehr als geebnet war, doch eher das Gegenteil war der Fall. Der Vater versuchte fast alles, seinen Sohn vom Wunsch, Musiker zu werden abzubringen. Doch alle von aufgebauten Hindernisse und Prüfungen überwand der begabte Junge mit Bravour und so wurde er am Konservatorium von Perugia angenommen. Dabei verbanden sich bei Chailly schon früh zwei Eigenschaften sehr glücklich miteinander: eine natürliche, intuitive Beziehung zu klassischer Musik unterschiedlichster Couleur und ein geradezu heiliger Ernst in der Auseinandersetzung mit dem musikalischen Kunstwerk, was sich auch in dem Buch immer wieder offenbart.
Auch wenn Chailly in dem Gesprächsbuch sehr persönlich über sein Verhältnis zu Werken und Komponisten erzählt, kann man als Leser und Hörer davon sehr profitieren. Etwa wenn von der mosaikartigen Konstruktion der Opern Verdis die Rede ist, die eine große Flexibilität vom Dirigenten erforderlich machen, weil sich in ihnen verschiedene Stilistiken überlagern. Oder wenn Chailly im Zusammenhang mit Verdis-Opernkonstrukten den Bogen zur Klangarchitektur eines Anton Bruckner schlägt.

Wie viel Arbeit vom reinen Notentext bis zu einem künstlerisch befriedigenden klingenden Ergebnis nötig ist und welche Methoden und Techniken dafür anzuwenden sind, davon vermitteln die Gespräche einen hervorragenden Einblick. Und nebenbei ist das Buch auch noch das sehr sympathische Porträt eines der größten Dirigenten der Gegenwart.

Riccardo Chailly: Das Geheimnis liegt in der Stille - Gespräche über Musik


Bärenreiter/Henschel Verlag
192 Seiten

BR-KLASSIK empfiehlt

    AV-Player