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Buch - "Bamberg Symphony" Den Seiten lauschen

70 Jahre alt werden die Bamberger Symphoniker in diesem Jahr. Und zu diesem runden Geburtstag bekommen sie etwas geschenkt: ein Buch, mit Texten der Dichterin Nora Gomringer und Bildern des Fotografen Andreas Herzau. Das Werk ist 1,2 Kilogramm schwer und heißt "Bamberg Symphony" - so firmieren die Bamberger Symphoniker im Ausland - und geschaffen haben es die Dichterin Nora Gomringer und der Fotograf Andreas Herzau.

Bildquelle: Hatje Cantz Verlag

Der Buchtipp zum Nachhören!

"In diesem Buch - nun eingeschmiegt in Ihre Hände - von Ihren Augen mit Staunen und Lust durch seine Seiten begleitet, geht es um die poetische Kraft dieses Orchesters. Um sein Strahlen, um seine Musikerinnen und Musiker, seinen Chefdirigenten (bis 2016 Jonathan Nott), die Fans, um die Fragen und Reisen, die bewegen."

Nora Gomringers Vorwort - allerhand, denkt man sich. Und ist gespannt, wie die Dichterin und der Fotograf das wohl anstellen. Der Rahmen ist abgesteckt durch die "Fragen und Reisen, die bewegen". Zwei Jahre lang beobachteten die beiden das Orchester - bei Proben, auf Tourneen bis nach China, vor und hinter den Kulissen. Und mit nahezu wissenschaftlicher Nüchternheit, wie Andreas Herzau verrät:
"Indem man anfängt, so ein Orchester zu untersuchen und dabei lernt, wie es funktioniert. Wie intensiv diese Arbeit ist, welche Konzentration, welcher Spaß - auch welche Angst - damit einhergeht. Es geht darum, mit diesen Bildern einen Klang im weitesten Sinne oder einen Geschmack zu erzeugen."

Ein Alphabet über die Bamberger Symphoniker

Aus unzähligen Aufnahmen hat der international renommierte Fotokünstler 87 Bilder für das Buch ausgewählt, mit denen sich Nora Gomringers Texte verbinden. Auch sie hat das Objekt der Begierde eher auf den Prüfstand gestellt, als sich ihm an den Hals geworfen: "Ich habe mich nicht besonders nah an das Orchester gewagt insofern, dass ich mit vielen Einzelnen eine Freundschaft eingegangen wäre", sagt die Dichterin. "Um diese Arbeit machen zu können, brauchte ich eine gewisse Distanz."
Gomringer hat ein Alphabet über die Bamberger Symphoniker verfasst, in einem Plauderton gehalten ähnlich dem Smalltalk in der Konzertpause. In diesem Ton gelingen ihr immer wieder überraschende Tiefenbohrungen. Auch bei den Texten, die direkt auf Fotos von Andreas Herzau Bezug nehmen, wie das Schwarzweißbild eines Paukers, der beim Stimmen seines Instruments buchstäblich "ganz Ohr" ist. Zurückhaltend und präzise steht im rechten unteren Eck:

Mein Verdacht: Sorgfalt erhebt den Menschen zur Relevanz.
Nora Gomringer

In solchen Momenten funktioniert die Idee von "Bamberg Symphony" ganz einfach: Herzaus Bilder öffnen einen Durchlass und Gomringers Texte nehmen den Betrachter bei der Hand.

"Den Seiten leise lauschen"

Aber nicht immer gibt das aufwändig gemachte Buch seine Erkenntnisse so bereitwillig preis. Es wird von den Bildern getragen - dies aber in einer Zeit, in der via Internet das Bild zum Unterhaltungsmedium schlechthin geworden ist, zu einer hastig konsumierten Garnierung der Wirklichkeit. Andreas Herzau macht deshalb keine Hochglanz-Orchesterfotos, sondern sucht nach visuellen Reizpunkten, die etwas über das Wesen des Orchesters verraten. Und nimmt damit in Kauf, dass manches der Bilder Fragezeichen auf den Gesichtern der Betrachter hinterlässt. Aber das muss kein Schaden sein, im Gegenteil: Andreas Herzau wünscht dem Buch Betrachter und Leser, die bereit sind, sich selbst einen Reim zu machen:
"Es ist eine Aufforderung, dich mit diesem Orchester auseinanderzusetzen und  nicht nur einfach zu konsumieren, was dieses Orchester erarbeitet und schafft. Und unsere Hoffnung ist - glaube ich - dass man das diesem Buch, wenn man ganz still ist und so den Seiten leise lauscht, auch ein bisschen anhört."

"Bamberg Symphony"

Nora Gomringer, Andreas Herzau
gebunden, 152 Seiten
93 Abbildungen
39,80 Euro     
erschienen im Hatje Cantz Verlag

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