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Buch - "Geschichte der Bayreuther Festspiele" Oswald Georg Bauers umfassendes Bayreuth-Kompendium

Zwei Bände umfasst Oswald Georg Bauers Abhandlung über die Historie der Wagner-Festspiele auf dem Grünen Hügel. Und der Leser wird grundlegend über alles Wesentliche informiert: alle Produktionen, familiäre Hintergründe, aber auch die NS-Zeit und die zahlreichen Querelen um Besetzungen und Befindlichkeiten.

Bildquelle: Deutscher Kunstverlag

Der Buchtipp zum Nachhören!

So gab es spektakuläre Absagen und flüchtige Dirigenten bei den Bayreuther Festspielen von Anfang an. Schon der Uraufführungsdirigent des "Rings" Hans Richter war während der Proben ohne Abschied von Bayreuth abgereist, weil Richard Wagner und Cosima ihn beleidigt hatten. "Einen ergebenen Mitarbeiter wie Hans Richter betrachtete man wie ein Eigentum und erwartete von ihm völlige Ergebenheit. Das Schema 'Meister' und 'Jünger' bestand von Anfang an, trotz Wagners Jovialität im Umgang mit seinen Künstlern", heißt es in Oswald Georg Bauers "

Geschichte der Bayreuther Festspiele". So relativiert sich im historischen Kontext so manche aktuelle Aufregung um Absagen oder Umbesetzungen. Diese sind eher die Regel als die Ausnahme in der Geschichte der Bayreuther Festspiele.

Am Anfang: Chaos

Die ersten Bayreuther Festspiele 1876, die damals noch gar nicht so hießen, hatten mit so vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, dass man sich ohnehin wundern muss, wie dieses Mammutunternehmen mit vier Opern, davon zwei Uraufführungen, überhaupt über die neu errichtete Bühne gehen konnte. Vor fast unlösbare Aufgaben stellte die Organisation zudem, wie sie die täglich rund eineinhalbtausend Gäste bewirten und transportieren sollten: "Die elegantesten Damen drängten sich vor den gemeinsten Kneipen, ohne etwas zu bekommen", wurde berichtet. "Die drei Rheintöchter haben sich neulich in der Weise ihr Mittagsmahl bereitet, indem die eine Wurst, die andere Brot und die dritte das Bier holte."

Parsifal-Zigarren

Bayreuther Festspiele - Festspielhaus | Bildquelle: picture-alliance/dpa Festspielhaus Bayreuth | Bildquelle: picture-alliance/dpa Die nächsten Festspiele 1882 brachten die Uraufführung von Wagners "Parsifal". Jetzt klappte es auch mit der Versorgung schon besser, und geschäftstüchtige Kaufleute boten sogar "Parsifal-Zigarren" und "Klingsor-Sekt" an. Ein Jahr später starb Richard Wagner und seine Witwe Cosima stand vor der Herausforderung, die Festspiele alleine weiterzuführen. Der Kult, den sie fortan um Leben und Werk ihres verstorbenen Gatten betrieb, rückte die Festspiele alsbald in den Rang eines quasi-religiösen Ereignisses - verbunden mit einer zunehmenden nationalistischen und antisemitischen Prägung durch Autoren des sogenannten Bayreuther Kreises.

Streit mit Tradition

Einer Anpassung der Regie an die Ästhetik der Zeit stand Cosima lange Zeit im Weg. Erst in den 20er Jahren gab es mit dem Bühnenbildner Emil Preetorius eine optische Neuausrichtung, die Cosimas Sohn Siegfried betrieb, allerdings ohne mit den Aufführungs-Traditionen ganz zu brechen. Auch bei den verpflichteten Musikern und Sängern gab man sich international. 1931 dirigierte mit Arturo Toscanini erstmals ein nicht-deutscher Dirigent in Bayreuth, was deutschnationale Kreise selbstverständlich kritisch bewerteten. Die Verbindung der Wagner-Familie zu Hitler während der NS-Diktatur ist ebenso Thema wie die Querelen um den Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg. Überhaupt haben die Streitigkeiten innerhalb des Wagner-Clans um die Leitung der Festspiele ebenfalls eine lange Tradition auf dem Grünen Hügel. Auch die findet sich in Bauers Chronik wider.

Umfassende Quellenarbeit und Dokumentation

Oswald Georg Bauer liefert in seinen zwei Bänden über die Geschichte der Bayreuther Festspiele die Ergebnisse einer schier unendlichen Quellenarbeit. Jede Neuproduktion der Festspiele vom Beginn an bis zum Jahr 2000 wird mit ausgewähltem Bild- und Textmaterial in ihrer jeweiligen musikalisch-szenischen Eigenheit ausführlich dokumentiert und kenntnisreich kommentiert, ohne dass sich der Autor mit seiner Sichtweise je in den Vordergrund drängen würde. Bauer bietet mit diesen beiden auch optisch sehr schön gestalteten Bänden eine verlässliche und reichhaltige Quelle für nahezu alle Informationen über die künstlerisch-musikalischen, ästhetischen, aber auch gesellschaftlichen und familiären Hintergründe der Bayreuther Festspiele. Für Wagnerianer unverzichtbar, aber auch für jeden Nicht-Wagnerianer durchaus mit Gewinn zu lesen.

"Geschichte der Bayreuther Festspiele"

von Oswald Georg Bauer
Zwei Bände, zusammen 1.292 Seiten mit 1.111 meist farbigen Abbildungen
Hardcover im Schuber
Preis: € 128,00
erschienen im Deutschen Kunstverlag

                  

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