Beethoven war fasziniert von den Frauen – und die Frauen von ihm. Dennoch blieb er bis zu seinem Tod Junggeselle. Warum dies so war und welche Rolle dabei das Geheimnis der "Unsterblichen Geliebten" spielt, um deren Identität sich bis heute zahlreiche Mythen ranken, erzählt Sophia Mott in ihrem neuen Buch.
Bildquelle: Verlag Ebersbach & Simon
Ein Liebesbrief, den man bei Beethoven nach dessen Tod fand, gab Rätsel auf. "An die unsterbliche Geliebte" hatte ihn der Komponist adressiert, aber wohl nie abgeschickt. "Mein Engel, mein alles, mein Ich", heißt es in diesem Brief. "Kann unsere Liebe anders bestehen als durch Aufopferungen, durch nichts als Verlangen, kannst du es ändern, dass du nicht ganz mein, ich nicht ganz dein bin – ach Gott, blick in die schöne Natur und beruhige dein Gemüth über das Müssende…"
Wer war diese "unsterbliche Geliebte"? Und warum blieb sie so lange unbekannt? Darüber wurde viel und eifrig spekuliert. Mittlerweile aber scheint sicher: Es handelte sich um Josephine von Brunsvik. In sie war Beethoven unsterblich verliebt. Und sie in ihn – nur vielleicht nicht ganz so. Zu einer regulären Beziehung ist es jedenfalls nie gekommen. Josephine war adelig und Beethoven bürgerlich. Das aber war nicht das einzige Hindernis. Josephine suchte nach dem Tod ihres verstorbenen Ehemanns, dem Grafen von Deym, nach einem Vater und Erzieher für ihre Kinder.
Natürlich hätte sich Beethoven durchaus eine bürgerliche Familie leisten können, aber für eine Gräfin reicht das nicht.
Josephine Brunsvik, Beethovens "unsterbliche Geliebte" | Bildquelle: gemeinfrei Lapidar und mit einer gelungenen Mischung aus Belletristik und Dokumentarstil schildert die Schriftstellerin und Musikerin Sophia Mott in ihrem Buch die unmögliche Liebe zwischen dem Komponisten und Josephine von Brunsvik. "Auch wenn ihre Schwester Therese später beklagen wird, dass Josephine aus Standesgründen ihrem Herzen nicht folgen durfte, ist das natürlich nur ein Teil der Wahrheit", schreibt sie zu diesem Thema. "In erster Linie geht es ums Geld. Wie soll denn ein Komponist, abhängig vom Wohl einiger Adliger und seiner schwankenden Arbeitskraft, dazu ein Mann, der mit der praktischen Organisation seines eigenen Lebens total überfordert ist, eine Frau mit vier Kindern ernähren – standesgemäß erhalten? Natürlich hätte sich Beethoven durchaus eine bürgerliche Familie leisten können, aber für eine Gräfin reicht das nicht."
Er war sehr häufig verliebt, aber meistens nur auf kurze Dauer.
Nebenbei beleuchtet die Autorin das gesellschaftliche Leben des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Ehen waren zu dieser Zeit mehr eine gesellschaftliche als eine private Angelegenheit. Aber auch Beethoven schlug Offerten aus, wenn sie ihm nicht "standesgemäß" erschienen. Sein Schüler Ferdinand Ries erinnert sich: "Beethoven sah Frauenzimmer sehr gerne, besonders schöne, jugendliche Gesichter und gewöhnlich, wenn wir an einem etwas reizenden Mädchen vorbei gingen, drehte er sich um, sah es mit seinem Glase nochmals scharf an und lachte oder grinste, wenn er sich von mir bemerkt fand. Er war sehr häufig verliebt, aber meistens nur auf kurze Dauer."
Julie Guicciardi – sie inspirierte Beethoven zur "Mondscheinsonate". | Bildquelle: Beethoven-Haus Bonn Sophia Mott gelingt es, Beethoven in seinem normalen sozialen Leben und in seinen Beziehungen zu Frauen ohne jede Betulichkeit oder gar Schlüpfrigkeit zu schildern. Das macht das gar nicht dicke Büchlein zu einer spannenden Biographie aus einem besonderen Blickwinkel – zumal auch Bezüge zur Musik immer wieder als Thema aufscheinen. Schließlich hat Beethoven einige Werke für seine mal mehr, mal weniger angehimmelten Freundinnen und Schülerinnen komponiert. So entstand das berühmte Stück "Für Elise" für eine gewisse Therese Malfatti – ein Lesefehler machte daraus Elise, die nun alle Welt kennt. Und auch hinter der "Mondscheinsonate" steckt eine Frau: Julie Guicciardi. Aber auch sie entschied sich letztlich gegen Beethoven – für einen Grafen …
Sophia Mott:
"Mein Engel, mein alles, mein Ich – Beethoven und die Frauen"
Verlag Ebersbach & Simon
141 Seiten
Preis: 18,00 Euro
Sendung: "Allegro" am 04. Februar 2020 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK