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Buchtipp – "Komponistenhäuser" So hausten Schumann, Brahms und Co.

"Zeig mir wie Du wohnst, und ich sage Dir, wer Du bist" – unter diesem Motto nimmt der Germanist Bodo Plachta schon seit einigen Jahren die Häuser berühmter Figuren der Kulturgeschichte unter die Lupe. Den Dichtern und bildenden Künstlern hat er schon eigene Bildbände gewidmet. Den dritten Band widmet er Komponistenhäusern. In Begleitung des Fotografen Achim Bednorz stattet Plachta den ehemaligen Wohnstätten berühmter Komponisten aus fünf Jahrhunderten einen Besuch ab.

Bildquelle: DVA

Der Buchtipp zum Anhören

"Komponistenhäuser"

Dass ein Buch über Komponistenhäuser kein leichtes Unterfangen ist, das zeigt schon ein Blick auf die, sagen wir, lebhafte Umzugsbiographie Ludwig van Beethovens. Über 70 Wohnungswechsel schlagen bei ihm zu Buche. Allein in Wien. Nun mag Beethoven ein besonders heikler Mieter gewesen sein – schwierig im Umgang und vor allem lärmtechnisch eine ziemliche Zumutung für seine Nachbarn. Mit seinem unsteten Lebenswandel befindet er sich jedoch in guter Gesellschaft. Zumindest unter Komponistenkollegen. So schreibt Bodo Plachta: "Das eigene Haus, für vermögende Bürger im 19 Jahrhundert eine Selbstverständlichkeit, war für Komponisten oftmals ein schwer erfüllbarer Wunsch, denn Reisen, ständige Ortswechsel mit immer neuen Wohnprovisorien, gehörten zu ihrem Alltag."

Brahms und seine Mönchsklause

Der "Blaue Salon", Wohn- und Arbeitszimmer von Johannes Brahms in seiner Baden-Badener Unterkunft  | Bildquelle: Achim Bednorz Wohn- und Arbeitszimmer von Johannes Brahms in Baden-Baden | Bildquelle: Achim Bednorz Nicht die besten Voraussetzungen also für den Häusernarr Plachta. Zu seinem Glück haben sich jedoch einige der von ihm sogenannten "Wohnprovisorien" in Museen verwandelt; sie sind quasi nachträglich zu Komponistenhäusern geworden, in denen dem Leben ihrer einstigen Bewohner gedacht wird, auch wenn diese nur einen Bruchteil davon dort zugebracht haben. Darunter beispielsweise die Brahms'sche Sommerresidenz in Baden-Baden, in der der Komponist die wärmeren Monate des Jahres zubrachte, um näher bei der geliebten Freundin Clara Schumann zu sein. Eine, wie er seinem Vater schrieb "wunderschöne Wohnung und unglaublich billig". Und deshalb wohl auch so beengt, wie die Fotografien von Achim Bednorz zeigen. Die niedrigen Decken, das schmale Bettchen unter der Dachschräge. Nur das Klavier im – etwas irreführend "Salon" genannten – Kämmerchen daneben erinnert daran, dass in dieser Mönchsklause einige von Brahms wichtigsten und vor allem größten Werken entstanden sind: das "Deutsche Requiem" zum Beispiel.

Visitenkarten ihrer Bewohner

Mehr noch als derartige temporären Bleiben interessieren Plachta und seinen Fotografen Achim Bednorz jedoch jene Komponistenhäuser und -Wohnungen, die – wie der Autor schreibt – als "Visitenkarten ihrer Bewohner" mitunter sogar als "architektonische Selbstportraits" herhalten können. Also jene seltenen Fälle, in denen Komponisten über Wohnprovisorien hinauskamen, sich eigene Häuser neu- oder zumindest umbauten.

Sie sind nicht nur Stationen eines Lebenswegs, sondern ihr Außen und Innen sind Abbild von Erfolg und Wertschätzung.
Bodo Plachta über architektonische Selbstporträts von Komponisten

Heimelig-verspieltes Märchenschloss

Auf das Landhaus von Maurice Ravel trifft das in jedem Fall zu. Immerhin hatte der Komponist den Umbau des unweit von Paris gelegenen Schlösschens selbst übernommen. Und dabei – als Sohn eines Ingenieurs – seine Aufgeschlossenheit gegenüber modernster Haustechnik unter Beweis gestellt, wie Strom, Zentralheizung, Telefon, Grammophon, Radio und – nicht zu vergessen – einem amerikanischen Kühlschrank. Und das alles in einem Interieur, das auch als Kulisse für einen Fantasyfilm von Tim Burton dienen könnte: Schachbrettmuster auf dem Boden, grellbunte Tapeten, Möbel aus den unterschiedlichsten Epochen und allerhand kurioser Nippes, der Ravel als leidenschaftlichen Antiquitätensammler entlarvt. Ein heimelig-verspieltes Märchenschloss, fangen Bednorz Fotografien da ein. Und vielleicht wirklich so etwas wie ein architektonisches Selbstportrait seines Schöpfers. Immerhin behauptete der von sich: "Ich bin eben so eine Art Ludwig II. von Bayern, nun ja, nicht ganz so übergeschnappt."

Wohnen und Wirken, Schmökern und Stöbern

Empfangszimmer der Lehár-Villa | Bildquelle: Achim Bednorz Empfangszimmer der Lehár-Villa | Bildquelle: Achim Bednorz Es ist eine große Stärke des Autors Plachta, dass er die Idee nicht überstrapaziert, man begegne im Hausrat, den Gegenständen, die ein Komponist um sich sammelte, quasi diesem selbst. Seine knapp 30 Kurzessays, die er jedem porträtierten Komponisten bzw. seinem Haus widmet, richten sich nach dem, was das Material, sprich das Haus so hergibt. Wo die Dinge fehlen, die uns von ihren einstigen Besitzern erzählen könnten, verlegt sich Plachta selbst aufs Erzählen. Skizziert konkrete Lebenssituationen, und gibt dem Leser so eine Idee davon, wie Wohnen und Wirken in den Häusern Händels, Chopins oder Schönbergs zusammengingen. Ein wunderbarer Bildband, der zum Schmökern und Stöbern einlädt.

Infos zum Buch

Bodo Plachta / Achim Bednorz:
"Komponistenhäuser"
Wohn- und Arbeitsräume berühmter Musiker aus fünf Jahrhunderten

191 Seiten, gebunden
Mit ca. 250 Farbabbildungen
DVA, München
Preis: 50,00 Euro

Sendung: "Allegro" am 09. Januar 2019 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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