Suche
Inhalt
Buchtipp: "Musizieren gegen den Untergang" Enoch zu Guttenberg – ein Dirigent und Umweltschützer
Enoch zu Guttenberg wollte niemals nur unterhalten, sondern mit Musik aufwühlen und ein Bekenntnis zur Schöpfung und Natur abliefern. Das zeigt Georg Etscheit in seinem biographischen Porträt "Musizieren gegen den Untergang. Der Dirigent und Umweltschützer Enoch zu Guttenberg".
Bildquelle: Schott Music
Dieses Buch war für Georg Etscheit ein Risiko: Er wollte einerseits seine Freundschaft mit Enoch zu Guttenberg nicht gefährden, aber andererseits auch alle Aspekte dieser schillernden Persönlichkeit erfassen. "Das Weihrauchfass bleibt in Schrank!", hatte Guttenberg an Etscheit geschrieben, als dieser 2017 mit der Biographie begann. Und tatsächlich ist es ihm gelungen, die vielen Seiten Guttenbergs ungeschönt, sachlich und dennoch mit Empathie zu zeigen. Die ersten Kapitel schildern Guttenberg als Adligen und Unternehmer; außerdem seinen Weg zur Musik, den er gegen den Willen des Vaters eingeschlagenen hat. Die Musik beeinflusste sein ganzes Leben vom Pferdestall im Schloss Guttenberg bis in die internationalen Konzertsäle.
Das Weihrauchfass bleibt in Schrank!
Aus dem Buch, Seite 35:
Wenn sich der Baron in Guttenberg aufhielt, nahm er jeden Morgen im eleganten Reiterdress eine einfache Mahlzeit in der Schlossküche ein und ging dann hinüber zu seiner mit einer Lautsprecheranlage ausgestatteten Reithalle, in der das Pferd gesattelt und aufgezäumt bereitstand, inklusive eines Schemels zum bequemeren Aufsitzen. Zu den Klängen Bach'scher Musik ritt Guttenberg eine Stunde lang seine Lektionen, danach waren Pferd und Reiter schweißgebadet.
Kurz und bündig
Dieses Buch wird lieben, wer …
.... Enoch zu Guttenberg eingehend kennen lernen möchte.
Dieses Buch liest man am besten …
... auf der Schiffsreise zum nächsten Umweltkongress.
Dieses Buch ist wie geschaffen für …
... alle, die wissen, dass Musik und Umweltschutz sich nicht widersprechen müssen.
Im Zentrum des Buchs steht Guttenberg als Chorleiter, Dirigent und Intendant der Herrenchiemsee Festspiele. Zentral war in seinem Leben der Aufbau der "Chorgemeinschaft Neubeuern", die er 1967 gegründet und zu seinem Instrument gemacht hat. Vom Chor, von sich und dem später gegründeten Orchester mit dem provokanten Titel "KlangVerwaltung" forderte Guttenberg stets, dass die Musik alle Beteiligten im Innersten bewegen sollte.
Guttenberg war ein Mensch, der viele Leben und Geschichten gelebt hat.
Der Autor Georg Etscheit thematisiert auch detailliert den Privatmenschen Guttenberg, einschließlich seiner Frauengeschichten und der Plagiatsaffäre seines Sohnes Karl-Theodor. Guttenberg verstand sich als "Bekenntnismusiker", engagierte sich politisch und hat den Bund für Umwelt und Naturschutz mitgegründet.
Aus dem Buch, Seite 202:
Der Auftritt des Barons beim Jubiläum des Deutschen Naturschutzringes zeigt exemplarisch, wie er Musik für seine politischen Anliegen in Anspruch nahm. Werke wie die beiden Haydn-Oratorien oder die großen Totenmessen von Verdi, Mozart und Brahms interpretierte er im Bewusstsein gegen den drohenden Untergang anzumusizieren. Und er fühlte sich gedrängt, seine komplexen Gefühle und Gedanken öffentlich zu machen, um, wenn in seinen Augen wohl auch vergeblichen, Widerstand zu mobilisieren.
Georg Etscheit schildert auf 260 etwas eng bedruckten Seiten sehr detailreich, aber auch mit Kritik, Humor und Distanz das Leben Enoch zu Guttenbergs. Zugleich gibt das Porträt in unterhaltsamem Stil einen interessanten Einblick in die vergangenen sieben Jahrzehnte deutscher Kulturgeschichte. Guttenbergs charismatische und vielfältige Persönlichkeit kommt zur Geltung, seinen Kritikern, die ihn gerne auf eine Rolle als reichen Unternehmer reduzieren wollten, wird durch dieses Buch das Wasser abgegraben.
Weitere Informationen
Georg Etscheit:
"Musizieren gegen den Untergang – Der Dirigent und Umweltschützer Enoch zu Guttenberg".
Verlag Schott Music, Mainz
264 Seiten
Preis: 22,90 Euro (Paperback); 29,90 Euro (Hardcover)
Sendung: Piazza am 13. Juni 2020 ab 8.05 Uhr
